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Gedanken für Intellektuelle

 
     
 
Wenigstens brauchen wir uns nicht mehr so zu schämen, wenn wir vor Freunden einräumen müssen, die Gesundheitsreform nicht verstanden zu haben. Ein bizarrer Expertenkrieg um die Frage, wieviel Geld aus den reicheren Ländern in die ärmeren fließen wird, um irgendeine "Struktur auszugleichen", enthüllt: Die haben alle keine Peilung mehr, selbst die nicht, die fürs Besserwissen horrende Honorare einstreichen.

Nun aber kein Neid auf die "Experten", überbezahlt sind die keineswegs, denn sie leben gefährlich. Experten sind diejenigen, denen die Politiker ihre eigenen Fehlleistungen später unterjubeln, wenn das Volk spürt, welche blutgierige Laus ihm da ins Fell gesetzt wurde. "Wir haben uns auf den Rat der Experten verlassen", wird Ulla Schmidt
in ein paar Jahren mit traulich-trauriger Miene seufzen, wenn uns ihre wüste Hinterlassenschaft um die Ohren fliegt. "Ja, wie hätte sie das auch wissen können, wo doch sogar die Experten ...", werden wir ihr dann persilbescheinigen und Mitleid haben.

Man stelle sich nur vor, dem arbeitslosen Mittfünfziger würden sie Haus und Lebensversicherung nicht unter dem Etikett "Hartz IV" unterm Hintern wegpfänden, sondern als Teil der "Schröder-IV-Reform". Der arme Alt-Kanzler würde seines Lebens als Edel-Pensionär nicht mehr froh. Statt dessen geht nun alles auf den Hartz und wir genossen die Aufdeckung des VW-Skandals als Mütchen-Kühlung erster Klasse: Rache an Hartz - für Hartz.

Daß die Experten unsere Politiker von der Verantwortung für Sachentscheidungen befreien, bedeutet aber nicht, daß so ein Politikerleben nur aus heiterem Einerlei bestünde. Die Volksvertreter müssen sich den Rücken freihalten für Wichtigeres; wer denkt schon an ihre persönliche Karriere, wenn nicht sie selbst? Da indes die Zahl der Posten immer kleiner wird, je weiter es auf der Leiter nach oben geht, enden die meisten Politikerbiographien als Enttäuschung.

Was muß das für eine Stimmung gewesen sein in Wildbad Kreuth! Die versammelte Riege der CSU-Beta-Tiere hatte sich zur Prozession versammelt, um ihren Herrn und Meister zu lobpreisen und ihm ein ewiges politisches Leben zu wünschen. Ihre Hoffnung: Den Umschleimten möge die Rührung packen, so daß er ihnen den Zeitpunkt seines hoffentlich baldigen Abschieds bekannt gebe. Aber nichts davon. 2008 will Edmund der Ewige nicht nur noch einmal antreten, sondern zudem danach die volle Wahlperiode im Amt bleiben. Hätte Stoiber im Moment seiner Ankündigung in die Herzen so manches christsozialen "Hoffnungsträgers" blicken können, würde er sich künftig ein Schießeisen unters Kopfkissen stecken. Gewiß hätten einige der Anwesenden den Ober gern um ein Beißholz gebeten. Böse Erinnerungen wurden wach an 2005, als der CSU-Chef nach Berlin aufgebrochen war. Huber und Beckstein gingen sofort auf die Walz durchs Bayernland, um allen zu zeigen, wie gut ihr Kopf unter die Landesfürstenkrone paßt. Dann kehrte Stoiber zurück und die beiden Aspiranten standen mit runtergelassenen Hosen da. Nichts ist peinlicher und vor allem karriereschädlicher, als daß jeder weiß, daß ich gern Ministerpräsident heiß, sprich: hieße. Vor der Zeit in die Öffentlichkeit geblasene Aufstiegspläne verbauen sich selbst.

Stoiber bis 2012! Was soll aus den "Hoffnungsträgern" bis dahin werden? Selbst die Bahn-Auskunft mutet uns keine Warteschleifen dieser Länge zu. Die Betroffenen sollten sich nicht scheuen, einen Spezialisten aufzusuchen, bevor sie mental gänzlich entgleisen und was Dummes tun. Wir sind eine aufgeklärte, weltoffene Gesellschaft, da ist es keine Schande mehr, einen Psychiater zu konsultieren, wenn einem ein solches Trauma widerfährt.

Andererseits steht Bayern ja im Ruf, eher auf traditionelle Methoden der Alltagsbewältigung zu setzen. Ein Opfer zum Frustablasen muß her. Mal nachdenken ... wie hat das alles überhaupt angefangen, was jetzt in Stoibers vorzeitiger Selbstnominierung bis zum Ende alles Absehbaren endete? Ah ja, richtig: "Spitzelaffäre", Franken-Gabis Internet-Blog und ihre Forderung nach Mitgliederbefragung. Auf nach Zirndorf.

Dort sitzt Landrätin Pauli unschuldig herum, ahnt wahrscheinlich gar nicht, welcher Haß ihr aus der zweiten Reihe der Parteispitze entgegenschlägt, ihr, die Schuld hat an dem ganzen Elend. Sie weiß jetzt allerdings auch nicht recht weiter. Ein Gespräch mit Stoiber, gut, und dann? Die Medien haben die Provinzpolitikerin eifrig aufgeblasen und werden, wie sie es immer tun in solchen Fällen, nun die Luft wieder ablassen. Ihren Höhepunkt hatte die Pauli-Manie erreicht, als erste Kommentatoren den Plausch mit Stoiber in einen fernen Zusammenhang mit jenem Wolfratshausener Frühstück stellten, mit dem der Bayer seiner Rivalin Merkel die nächste Kanzlerschaft abschwatzen wollte und, wie das Schicksal, die Elbe und George Bush entschieden, genau das Gegenteil erreichte.

Nach diesem absurden Vergleich war klar: Es reicht. Gabriele Pauli erscheint bei näherer Betrachtung wie ein Kleindarsteller, den man auf eine viel zu große Bühne geschubst hat und der leider nur einen einzigen Satz weiß. Den hat sie nun schon mehrfach variiert. Das Publikum langweilt sich und fängt an, Witze zu machen. Ein sicheres Signal dafür, daß sich der Vorhang bereits lockert. Der "Focus" stichelt: "Die Rebellin aus dem Playmobil-Land". Die Plastikpüppchen werden in Paulis Zirndorf fabriziert. Auch vergißt das Münchener Magazin nicht zu erwähnen, daß sich das dortige Landratsamt "zwischen Lidl und der Nierenstation" befindet. Aus solch popeligem Ambiente soll eine Gefahr für den Ministerpräsidenten eines Zwölfeinhalb-Millionen-Landes kommen können. Sowas! CSU-kritische Organe, die gern ein bißchen mehr gehabt hätten von dem Remmidemmi und nun traurig sind wegen der erstaunlichen Leichtigkeit, mit der sich Stoiber selbst bestätigt hat, trösten sich mit einer sagenhaften Prognose: Weil die Bayern den Stoiber nicht mehr haben wollen, würden sie die CSU 2008 aus der absoluten Mehrheit bugsieren und über den Freistaat käme eine schwarz-gelbe Koalition. Der "stern", der diesen Quatsch kolportiert, hat offensichtlich Bayern nicht begriffen. Der Südstaat ist der einzige demokratische Einparteienstaat der Welt. Daß die CSU nicht in der Verfassung verankert ist als ewige Regierungspartei, hat allein mit dem Taktgefühl der Bayern zu tun, die nicht an den Firlefanz hysterischer Nordlichter rühren wollen, bei denen "Machtwechsel" als etwas Erfrischendes gilt. Die Zustimmung der CSU zu freien Wahlen ist in etwa so zu bewerten wie die Zustimmung der Briten zur Wiedervereinigung in den diversen Nato-, EWG- und sonst welchen Verträgen vor 1989. Als Kanzler Kohl die damalige britische Premierministerin Thatcher (die sich 1989/90 lautstark gegen die drohende deutsche Einheit engagierte) darauf hinwies, daß auch London sich in all diesen Verträge auf die deutsche Einheit festgelegt habe, fuhr sie an: "Ja, aber doch nur in der Erwartung, daß es nie dazu kommt!"

Dabei ist Bayern nun ein wahrlich beschaulicher Einparteienstaat. Es geht auch anders, etwa wenn Sozialisten ihn bauen. Venezuelas roter Präsident Hugo Chavez hat seine Partei soeben zur Einheitspartei erklärt, läßt oppositionelle Medien abschalten und die katholischen Schulen von "revolutionären" Aufsehern überwachen. Ganz nebenbei ruiniert er die Wirtschaftsstruktur des Landes und zermalmt den Mittelstand, kurz: Er hat ganz und gar das Zeug, zum neuen schimmernden Weltstar der romantischen Linken aufzusteigen, die ihn immer offener anhimmelt.

Wer Chavez und seinen brachialen Sozialismus als Zombies aus der Gruft verstorbener Ideologien abtut, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Die Chinesen teilen jedem Jahr in uralter Weisheit ein Tier zu. 2007 is
 
     
     
 
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