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Gedanken über Ostdeutschland

 
     
 
Mir ist es ein wichtiges Anliegen, einem hervorragenden, aber äußerlich unscheinbaren und wegen fehlender Werbung recht unbekannten Buch zu einer verdienten größeren Verbreitung zu verhelfen."

Diesen eben zitierten Brief erhielt die Redaktion des es / zusammen mit eben jenem hochgelobten Buch der Autorin Elfriede Schwindt-Redöhl und der Bitte um Erwähnung dieses Werkes in der Zeitung. Da wir Mitarbeiter der Redaktion ja die Bewahrung der Erinnerung an die ostdeutsche Heimat zum Ziel haben, sind wir natürlich immer gewillt, schreibende Ostdeutschland zu unterstützen. Dabei muß man jedoch bedenken, daß allein die Tatsache, daß ein Buch von einem Ostdeutschland geschrieben wurde, kein Qualitätsmerkmal ist.

Die Begeisterung des eben Zitierten bezüglich des Buches seiner Landsmännin, die Verfasserin war Schülerin der Goldaper Kantschule, wird so nicht jeder in dem Maße teilen können. Die Autorin, die in Königsberg Deutsch, Geschichte, Englisch und Philosophie
studiert hat und nach dem Krieg in Schleswig-Holstein als Oberstudienrätin tätig war, macht es dem Leser nicht gerade leicht. Das Problem ist hingegen nicht, wie bei ihrem Bildungsgrad zu erwarten, ein zu anspruchsvolles Niveau, sondern ihre Redseligkeit. Die Idee, ihre Erinnerungen und Gedanken über die Heimat in Briefform niederzuschreiben, ist an sich gut, doch leider verliert sie sich in unwichtigen Details und verwebt sich in einem Wust aus Gedanken, die zudem für den Leser nicht immer interessant sind.

Die Briefe aus den Jahren 1990 bis 1997 sind an ihren fünfzehn Jahre älteren, geliebten Patenonkel Julian gerichtet, der seit dem Verlust von Frau und Kindern während des Krieges 1945 im Kloster lebt. Briefe ihrer Mutter aus den Jahren 1920 bis 1927 an Julian unterstützen die Erinnerung an die ostdeutsche Heimat. Zudem lockern sehr ansprechende Gedichte von Poeten wie Goethe, Kafka und v. Eichendorff die Brieffolge auf.

Bei allem guten Willen ist es mir nicht möglich, mich der Meinung des eingangs zitierten Freundes des Buches uneingeschränkt anzuschließen, da der Eindruck entsteht, daß die Autorin nicht so recht wußte, wo sie ihren Schwerpunkt setzen soll. So ist das Buch eine halbherzige Mischung aus Biographie, Heimatbeschreibung, geschichtlicher Nachbetrachtung, persönlicher Beziehungsprobleme und philosophischer Sinnsuche geworden. Schade! Fritz Hegelmann

Elfriede Schwindt-Redöhl: "Briefe an Julian - Erlebte Geschichte des 20. Jahrhunderts, erzählt von einer Ostpreußin", Frieling, Berlin 1999, broschiert, 400 Seiten, 16,40 Eur
 
     
     
 
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