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Herr Adomeit rief Frau Mertineit, Frau Mertineit ihren Bruder und dieser seine Nachbarn, Herrn Kawlath, an. Es kommt eine Sendung über Ostdeutschland im ZDF: Kaliningra oder Königsberg? Auch in unserer Redaktion standen die Telefone nicht still: Habt Ih schon gehört ...
Königsberg oder Kaliningrad, dies konnte ja nur bedeuten, daß endlich Bewegung in die ostdeutsche Frage gekommen war. Sollten am Ende, so sinnierte man, die Russen doch zu de Einsicht gekommen sein, daß es besser ist, die schwer geschändete Provinz an die Deutschen zurückzugeben, nachdem man unter Jelzin mit den Amerikanern so auf die Nas gefallen war. Den eisfreien Hafen an der Ostsee, den Stalin als Argument für den Rau angeführt hatte, konnte man ja dann mit Berlin aushandeln; die Tschechen besitzen ja auc ein Freihafen in Hamburg. Na klar doch, Moskau war endlich auf den richtigen Gedanke verfallen, es braucht uns, weil westlich der Bundesrepublik ohnehin alles wirtschaftlic saturiert ist. Die Zukunft liegt im Osten.
Doch dann fügten sich in dieses Grübeln wieder Zweifel, die alsbald größer un größer wurden. Hatte Moskau nicht schon mehrmals Gelegenheiten ausgelassen, um die Sach mit Ostdeutschland in Ordnung zu bringen? 1989, dann wieder nach dem Zusammenbruch de Bolschewismus, als die Chance für einen Neuanfang bestand. Nein, nein, Moskau mit seine blutigen Kohorten, dies würde immer so bleiben. Wild, verwegen, rachsüchtig, fremd, ehe Dschingis-Chan als Turgenjew. War nicht Amerika besser, irgendwie solider, allein scho die Wirtschaft? Und war man nicht in den Jahren nach der Vertreibung schon ein halbe Amerikaner geworden, Washington mit seinen Menschenrechte n. Die würden dies auf Daue nicht zulassen: Kaliningrad oder Königsberg? War dieser Kalinin nicht in zahllos politische Mordprozesse verwickelt? Klar, daß die Amis jetzt die Nase damit voll hatten Auch den Deutschen müßte doch endlich einmal Gerechtigkeit widerfahren: Volksabstimmung wollt ihr Ostdeutschland zurück? Natürlich, ja, dann mal kräftig in die Hände gespuck und hopp, wieder aufgebaut, was bolschewistische Lotterwirtschaft verkommen ließ. Abe auch hier kamen allmählich Zweifel hoch, waren die Menschenrechte nicht ein ziemlic verzwicktes Instrument der Außenpolitik der Amerikaner. Hätten sie nicht 1990 gleic einschreiten müssen: Haager Landkriegsordnung, Genfer und Wiener Konvention, die UNO? E war still geblieben, damals 1990.
Aber die Frage der Fernsehsendung blieb: Kaliningrad oder Königsberg? Hatte man nich sogar zwei Tage zuvor noch zu bester Abendzeit einen spektakulären Sendehinwei eingeblendet? Wahrscheinlich, so dämmerte es allmählich, hat unsere Regierung die Sach selbst in die Hand genommen. Alliierte hin, Verbündete her, am Ende fährt man eben doc am besten, wenn man der eigenen Kraft vertraut. Wofür wählt man denn schließlich ein eigene Regierung? Zuerst käme also die Namensänderung, dann stufenweise die erforderlichen Usancen ...
Endlich 21.15 Uhr, Sendezeit für "Auslandsjournal", ZDF. Die inhaltlich Vorschau ließ zunächst Königsberg noch aus. Aha, um die Überrraschung zu vergrößern Doch mit jedem Beitrag, der abgespult wurde, wuchs der Zweifel. Überhaupt, hatte man sic nicht gedanklich vollkommen verflogen, Sympathisanten für solch ein Anliegen? Und das ZD enttäuschte nicht: Kommentarlos überging das "Auslandsjournal" den eigene Sendehinweis vom Vortag. Von allerhöchster Stelle muß jemand machtvoll in die öffentlich-rechtlichen Speichen gegriffen haben, was wohl heißen mag: Bei de "Zweiten" gehorcht man besser und ansonsten Kaliningrad. Müller
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