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Not macht bekanntlich erfinderisch, doch kann sie mitunter auch zu Wahnideen verleiten, wenn der Sinn für Einsparung übermächtig wird oder der Geist durch fehlende Schulung Schaden genommen hat. Bundesfinanzminister Eichel wähnte sich offenbar kürzlich dem Eindruck nahe, das Ei des Kolumbus nochmals gefunden zu haben, als er aus Geldnot anregte, die Mitgliedsländer der EU sollten künftighin gemeinsame Auslandsvertretungen einrichten. Zum Einstieg empfahl der Herr Minister, der mit seiner eigentümlich schlaff vorhängenden Unterlippe immer einen etwas unenergischen und sauertöpfischen Eindruck hinterläßt, den bedeutungsschweren Subkontinent Südamerika, wo angesichts der gewaltigen Bevölkerung santeile und der enormen Bodenschätze wirtschaftspolitische Weichenstellungen von allergrößter Bedeutung in der Luft liegen. Es kommt hinzu, daß Deutsche ganz im Gegensatz zu Spaniern, Portugiesen, Yankees und anderen Völkerschaften, die sich blutig in die Annalen der südamerikanischen Völker eingeschrieben haben, schon vorab eine bedeutsame Reputation besitzen. Soll Frankreichs Botschafter nunmehr etwa die Interessen unserer Werkzeugmaschinen- und Autoindustrie übertragen bekommen (Elf)?
In Gründerzeiten folgte die Flagge dem Kaufmann, in bundesdeutschen Zeiten fehlt allein schon der Pioniergeist: Halbmast überall! Es gehört in dieses Kapitel der Außenpolitik, daß sich das Auswärtige Amt, offenbar damit im Bunde mit den erlauchtesten Geistern der großen weiten Welt wähnend, dazu entschlossen hat, gleichgeschlechtlich veranlagte Personen in seine Dienste zu nehmen. Als gäbe es in unserer Geschichte nicht immer wieder Geheimdienste, die trotz Aufklärung diese speziellen Veranlagungen zum Ansatzpunkt folgenschwerer Erpressungen nehmen, wie es etwa das Schicksal des Oberst Redel so eindrücklich belegt. Peter Fischer Mehr Kontrolle
Es war das Schicksal Dantons, selbst Minister für Justiz und Initiator der Septembermorde während der französischen Revolution, daß er auf Betreiben Robespierres den Kopf verlor. Stalin ließ die Häupter fast all seiner seiner frühen Mitstreiter rollen, bis er selbst Opfer einer gegnerischen Gruppierung wurde, die Revolution fraß noch allemal ihre Kinder, wenn sie ihre Schuldigkeit getan. Weil in der gegenwärtig umlaufenden großen "Tschistka", so nannten die Sowjets einst ihre puristischen Säuberungsaktionen, niemand abseits stehen möchte, wenn es ans große bundesdeutsche Reinemachen geht, hat nunmehr der Kulturausschuß des Deutschen Städtetages die Initiative ergriffen, um die "baulichen Hinterlassenschaften aus der Zeit von 1933 bis 1945, die auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Lebens zu finden" sind, in die notwendige Erinnerungs- und Bewältigungsarbeit einzubeziehen. Eine rechte Fleißaufgabe, die sich der Bund da vorgenommen hat, denn die Bauleistung war seinerzeit enorm. Deswegen empfiehlt die fromme Handreichung auch "Augenmaß und Konzentration auf das Wesentliche", denn ein "Übermaß an Häuserbeschriftungen würde die beabsichtigte Wirkung verfehlen". Richtig, die Autobahn hat keinen Anfang und kein Ende, aber an jede Ein-oder Ausfahrt ein Schild mit einschlägiger Inschrift? Oder am Stadtrand von Wolfsburg? Genau hier aber könnte man mutmaßen, ob sich dahinter nicht provokanter konterrevolutionärer Geist verbirgt. Der Feind schläft nämlich nicht. Schon Lenin empfahl: Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser
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