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Glaubensbekenntnis

 
     
 
Es war vielleicht das schönste Transparent unter den vielen zehntausenden, die die eine Million jungen Pilger aus 197 Ländern zeigten, um den Pontifex maximus in der Stadt am Rhein jubelnd zu begrüßen: "Wenn Mama mich sucht - bin beim Papst!"

Welch eine einfache und doch mitreißende Botschaft, als mit Benedikt XVI. der erste deutsche Papst seit Hadrian VI. (1522-1533) den Weltjugendtag in Köln
besuchte: die Jugend der Welt und das 78jährige Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche Seite an Seite in einem fast sinnlichen Gemeinschaftserlebnis, via TV weltweit von 250 Millionen Menschen verfolgt, in einer Zeit, in der in manchen Hochburgen der Zivilisation, auch und gerade in Deutschland, Jugendlichkeit als Synonym für Hedonismus, Orientierungslosigkeit und gar Werteverlust steht.

"Die Begegnung so vieler Jugendlicher mit dem Nachfolger Petri ist ein Zeichen für die Vitalität der Kirche", sagte Benedikt, der zuvor als unnahbarer Dogmatiker gegolten hatte. Er sagte es warmherzig. Als sich zum Vigil auf dem Marienfeld 800.000 Gläubige bei Kerzenlicht versammelten, dem Symbol für das Licht, das Jesus in die Welt gebracht hatte, mögen Kritikern und Spöttern Vergleiche mit dem Rockfestival in Woodstock eingefallen sein. Tatsächlich aber war dies die kraftvollste spirituelle Veranstaltung, die Deutschland je erlebt hat.

"Wir sind gekommen, ihn anzubeten", lautete das Motto. Glaube macht Spaß, stand am Ende als Losung in Köln. "Seht her, ich bin einer von euch!" - so wirkten die Auftritte des Papstes.

Johannes Paul II. galt der Jugend der Welt schon zu Lebzeiten als Kult, weil er einer der größten Kommunikatoren der Geschichte war. "Benedetto, Benedetto", schalte es hunderttausendfach seinem Nachfolger entgegen - angekommen in der Jugend, angenommen von der Jugend.

Gewiß läßt sich nicht abstreiten, daß eine Deutung des Weltjugendtages auch außerhalb des Religiösen lag - in der Psychologie der Masse. Aber: Die Jugendlichen waren unterwegs unter dem Zeichen des Glaubens - "800.000 Wege zu Gott", nannte Benedikt dies.

Unmittelbar vor den Tagen von Köln veröffentlichte die Universität Münster eine Studie, was Alltag war in Deutschland vor Benedikt: Die Mehrheit der deutschen Jugendlichen bezeichnet sich als gläubig und bejaht die Existenz einer höheren Macht. Gleichzeitig aber erwartet sie für ihr persönliches Leben von der Kirche nicht viel. Genau hier aber wirkte der Papst als Brückenbauer: Trotz ungebremster Diskussionen über Sexualität oder Frauen im Priesteramt drifteten Amtskirche und Jugend nicht weiter auseinander, sondern fanden zueinander zurück. Benedikt XVI., vielleicht seine größte Geste, bat um Vergebung für Verfehlungen, die im Namen der Kirche in der Vergangenheit begangen wurden - Worte, auf die die jungen Menschen offensichtlich gewartet hatten.

Skeptiker mutmaßen, der Geist von Köln werde bald schon verblassen. Optimisten halten dagegen, selten zuvor seien sich die Kirche und ihre jungen Jünger so nah gewesen, und sprechen deshalb von einem Neubeginn, der einen Wert an sich darstelle. Unstrittig aber ist, daß der Menschenfischer Benedikt die Jugend mit in sein Boot gezogen hat, jene Jugend, die der Welt und der Kirche glei-chermaßen ihren eigenen Stempel aufdrücken will - ihr rief er zu: "Nur von den Heiligen, nur von Gott her kommt die grundlegende Änderung der Welt." Für diese Worte erntete er Jubel. So betrachtet, war Köln ein Stück Geschichte.
 
     
     
 
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