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Israel hat sein wichtigstes Kriegsziel im Libanonkonflikt erreicht: Es hat Nahost wieder auf die Tagesordnung der Weltpolitik gesetzt, als Nummer eins. Die Region braucht Hilfe von allen Seiten, und die bekommt sie jetzt auch wieder. Inzwischen sind am Himmel über Beirut mehr Flugzeuge mit Reisediplomaten als Kampfjets auszumachen.
Beschämend aber ist, daß erst das grausame Kalkül, einen Luftkrieg gegen Zivilisten zu inszenieren, aufgehen mußte. Nur die Bilder von Tod und Zerstörung, die über die Fernsehsender verbreitet werden, die Klagen der Kinder und Frauen haben die internationale Politik zum Handeln gezwungen. Zum Glück sind wenigstens diese Opfer von der Welt nicht übersehen worden. Die einflußreichen Staaten versuchen nun, den Nahostkonflikt wenigstens halbwegs unter Kontrolle zu bringen. Sicher zwei Milliarden Euro an Aufbauhilfe werden in den Libanon fließen und die internationalen Organisationen mit ihren Helfern auf Jahre binden - auch eine Art von Pufferzone.
US-Außenministerin Rice mit ihrer Hundertschaft aus Leibwächtern und Assistenten, daneben auch der deutsche Außenminister Steinmeier sondieren, wie eine Sicherheitszone zwischen dem Libanon und Israel militärisch organisiert werden kann. Der Fahrplan ist vorgezeichnet. Danach werden die USA mit Blick auf Irak und Iran den weiteren Fortgang bestimmen wollen.
Die Regierung in Jerusalem wußte, was sie tat. Die Schuld am Ausbruch dieses Waffengangs festzulegen, ist nicht besonders kompliziert. Es war klar, daß sich außerhalb der arabischen Welt kaum jemand mit der schiitischen Hisbollah solidarisieren würde - die Friedensbewegungen halten Sommerpause. Serienweise Raketenangriffe der Hisbollah auf Städte im Norden Israels liefern Begründungen genug, die Welt erkennt leicht, wie Terrorangriffe das öffentliche Leben lahmlegen und die Wirtschaft eines Landes stark beeinträchtigen können. Das kann niemand hinnehmen.
Kriege werden aber nicht geführt, um Schuldfragen zu klären, sondern um Ziele durchzusetzen. Geopolitisch betrachtet ist Israel ein schmaler Landstreifen, umgeben von der arabischen Welt. Da bleibt nicht viel Raum zum Warten. In den Nachbarstaaten haben sich mittlerweile extremistische Netzwerke festgesetzt, die nicht nur ungeahnt stark bewaffnet sind, sondern die auch mit viel Geld ganze Teile der Bevölkerung aushalten können. Diese Mischung aus Wohlfahrt und religiösem Fanatismus erklärt die Bindekraft in diesen Netzwerken - die Hisbollah ist nur eines davon. Allerdings sind die Verbindungen dieser schiitischen Extremisten atemberaubend - am Ende der Gönnerkette stehen Irans Politiker mit atomaren Rüstungsplänen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1991, als irakische Raketen in Israel einschlugen, hat sich die Welt mit der Gefahrenstelle Nahost kaum noch beschäftigt, allenfalls mit "Road Maps" oder Friedensplänen der Marke Fischer dilletiert - ein grobfahrlässiges Versagen. Es ist eine grausame Lehre, daß sich die Politik nur durch Bomben zum Handeln zwingen läßt. |
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