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Hexenjagd

 
     
 
Der Stammtisch im Deutschen Haus war sich einig: Die geheime Wahl sei die Grundlage der pluralistischen Demokratie. Wenn der ehemalige SPD-Generalsekretär Scholz vorgeschlagen habe, künftig über den Bundeskanzler im Bundestag und die Ministerpräsidenten in den Landtagen offen abzustimmen, setze er sich dem Verdacht aus, diese Parlamente nach dem alten leninistischen Prinzip: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" in eine Art sozialistische
r Volkskammer umfunktionieren zu wollen.

Die SPD habe sich selbst entlarvt, hieß es am Stammtisch. Sei doch ihre Wut über das Scheitern der von ihr angestrebten rot-grünen, von sperrklauselbefreiten Dänen geduldeten Koalition so hemmungslos gewesen, daß sogar kein geringerer als Bundeskanzler Schröder davon gesprochen habe, der Ministerpräsidentin Heide Simonis sei "das Messer in den Rücken gerammt" worden. Die Hexenjagd auf den Täter (oder die Täterin?) habe groteske Züge angenommen, von "Schäbiger, charakterloser Verrat" (SPD-Finanzminister Stegner) bis zum "hinterhältigen Dolchstoß", von dem "Heide" selbst sprach.

Der Stammtisch zog aus dieser hemmungslosen Art und Weise der Attacken auf den angeblichen "Verräter" den Schluß, daß dieser sich dem offensichtlichen Fraktionszwang nur durch Wahrnehmung seines Rechts auf geheime Wahl habe entziehen können. Ein vorheriges Bekennen hätte zwar nicht den physischen, aber den politischen Tod bedeutet. Er (oder sie) habe sich für das freie Mandat entschieden - egal aus welchen Motiven - und damit dem Parlament seine Macht zurückgegeben, meinte der Stammtisch.
 
     
     
 
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