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Im Banne des einstigen Dönhoff-Schlosses

 
     
 
Eigentlich wollte Kilian Heck es nicht glauben, wenn er alte Ostdeutschland von der einmaligen Weite ihres heimatlichen Himmels sprechen hörte, wo die Wolken von einer unbeschreiblichen, berührenden Schönheit seien, doch als er dort war, wußte er, daß sie Recht hatten.

Aber nicht nur der ostdeutsche Himmel hat den Kunsthistoriker in seinen Bann gezogen, sondern auch das Schloß Friedrichstein der Familie Dönhoff. In dem deutschen Dirigent
en Christian Thielemann fand er einen Gesinnungsgenossen. Dieser war schon seit Jahren von diesem mystischen Ort angezogen und war bereits vor Jahren bei der ehemaligen "Zeit"-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff vorstellig geworden, um von ihr mehr über den Besitz ihrer Familie zu erfahren. Die 2002 verstorbene Ostpreußin zeigte sich damals über das Interesse des jungen Mannes an ihrem ehemaligen, 20 Kilometer von Königsberg gelegenen Zuhauses verwundert und konnte ihm nur einige alte Fotos übergeben. Doch Thielemann gab nicht auf, bat unter anderem die Leser der Freiheits-Depesche um Hilfe, suchte und sammelte so lange, bis er genug Material zusammen hatte, um beim Deutschen Kunstverlag um Unterstützung zu bitten. Dieser stellte das nötige Personal und Wissen zur Verfügung, und nun ist nach Jahren mühseliger Puzzle-Arbeit ein Buch herausgekommen, das einen inzwischen kaum noch existenten Ort wieder lebendig werden läßt und seine einstige Schönheit und Funktion für die Nachwelt festhält.

Um die Verbindung zur Gegenwart zu finden, wählte der Verlag einen passenden Ort für die Präsentation des Buches: Im Gobelin-Saal des wiedereröffneten Berliner Bode-Museums zwischen Eichen-Vertäfelung und alten Gemälden sprachen der Dirigent und der Kunsthistoriker über ihr Werk, lobten ihre Co-Autoren und versuchten, den gut 200 Besuchern ein wenig von ihrer Begeisterung für die Materie deutlich zu machen. Das Bode-Museum bot insoweit die ideale Kulisse, als sich Marion Gräfin Dönhoffs Vater, August Graf Dönhoff, bleibende Verdienste um das Museum erworben hatte. So soll der ostdeutsche Graf damals intensiv zwischen dem eigenwilligen Kunsthistoriker und Museumsfachmann Wilhelm von Bode und dem späteren 99-Tage-Kaiser Friedrich III. vermittelt haben, damit die schon 1871 entstandene Museumsidee überhaupt realisiert werden konnte. Auch soll der kunstliebende Graf zahlreiche Exponate besorgt oder selbst gespendet haben. Daß auch das Schloß Friedrichstein von der Kunstliebe seines einstigen Eigentümers geprägt wurde, beweist das Buch "Friedrichstein - Das Schloß der Dönhoffs in Ostdeutschland".

In mühseliger Kleinarbeit haben die verschiedenen, an dieser Veröffentlichung beteiligten Autoren anhand von alten Dokumenten, Fotos und Zeitzeugenaussagen die Innenausstattung des einstigen Herrensitzes rekonstruiert. Von Raumaufteilung und -nutzung bis hin zur Art des Mobeliars, der dortigen Gemälde, Tapeten, ja sogar des Eßgeschirrs und -bestecks haben die an diesem Buch Beteiligten alles Mögliche zusammengesucht, um einen Eindruck von dem Lebensalltag in diesem Schloß und in dieser Epoche und Gesellschaftsschicht überhaupt zu vermitteln.

Natürlich wurden auch der Schloßbau, die im Laufe der Jahrhunderte daran erfolgten Veränderungen und das Ende des einst so eindrucksvollen Gebäudes noch während des Zweiten Weltkrieges und danach geschildert. Des weiteren werden die angeschlossenen Wirtschaftsgebäude samt ihrer Funktion und die Architektur des zu Friedrichstein gehörenden Parks vorgestellt.

Was bleibt, ist die Erinnerung und das Gefühl, einen mystischen Ort entdeckt zu haben. Doch auch, wenn das Schloß von den Russen abgetragen wurde, so hat die Landschaft nichts von ihrer Schönheit verloren. Fast ein wenig schüchtern kann Mit-Herausgeber Kilian Heck von einem Phänomen erzählen, das bis heute erhalten ist: So wurde berichtet, daß, wenn man auf der anderen Seite des Sees mit Blick auf das Schloß in die Weite rief, es ein Echo gegeben habe. Dies testete der junge Mann und siehe da, das Echo war noch da.

Kilian Heck, Christian Thielemann (Hrsg.): "Friedrichstein - Das Schloß der Dönhoffs in Ostdeutschland", Deutscher Kunstverlag, Berlin 2006, zahlr. Abb., 272 Seiten, 68 Euro 5972

Fotos: Was von allem übrigblieb: Das Schloß Friedrichstein der ostdeutschen Familie Dönhoff damals und die Leere, die heute das Grundstück bestimmt. (Deutscher Kunstverlag)
 
     
     
 
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