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Das politische Stehaufmännchen Italiens, der siebenmalige Ministerpräsident Giuli Andreotti, hat es wieder einmal geschafft. Das Schwurgericht in Perugia sprach ihn am 24 September in erster Instanz im Prozeß um die Ermordung des 1979 ums Leben gekommene Journalisten Carmine Peccorelli frei. Die Staatsanwaltschaft hat sich auf diese Weise mi ihrer Forderung nach lebenslanger Haft nicht durchsetzen können. Andreotti hatte dies Forderung in gewohnt ironischer Manier kommentiert: "Was wollen Sie", beschie der schmallippige Politiker fragende Journalisten, "wenn der Staatsanwalt von meine Schuld überzeugt ist, kann er doch gar nichts anderes fordern als lebenslänglich."
Verdächtig einträchtig haben sich durch die Bank Italien Spitzenpolitiker hinter Andreotti gestellt. So erklärte ein angeblich erklärter Gegne Andreottis, der Vorsitzende der Linksdemokraten, Walter Veltroni: "Die ist der Beweis, daß alles Gerede von der ,Linksradikalität der Justiz Unsin ist." Silvio Berlusconi , gegen den selbst noch Strafverfahren anhängig sind, sieh einen "gewissen Hoffnungsschimmer für eine gerechtere Justiz heraufdämmern".
Andreotti profitierte in erster Linie davon, daß die Beweislage der Staatsanwält Fausto Cardella und Allesandro Cannavele gegen Andreotti und fünf weitere Mitangeklagte darunter auch zwei Mafia-Bosse, zu dünn war, um ihn hinter Gitter bringen zu können Andreotti hat im Verlaufe des Mordprozesses alle Anschuldigungen, die gegen ihn erhobe wurden, vehement abgestritten. Seine Anwälte ließen nichts unversucht, die Legitimitä des ganzen Verfahrens anzuzweifeln. Sie sprachen im Verlauf des fast dreijährige Prozesses mit 162 Prozeßtagen und 231 Zeugen von "Hirngespinsten" und von eine "Schauprozeß nach sowjetischem Muster".
Konkret wurde Andreotti vorgeworfen, über seinen langjährigen Mitarbeiter Claudi Vitalone mit der in Rom aktiven Mafia-Organisation "Banda della Magliana" Kontakt aufgenommen zu haben, um die Ermordung des bekannten Enthüllungsjournaliste "Mino" Peccorelli in Auftrag zu geben. Peccorelli wurde kurz vor de Veröffentlichung einer Titelgeschichte über die Korruptionsaffären des damalige Ministerpräsidenten Andreotti getötet. Die Folge: Nicht nur die geplante Titelgeschicht ist niemals erschienen. Die ganze Nummer der Zeitschrift "O. P.", für die Peccorelli arbeitete, verschwand bis heute spurlos. Peccorelli soll darüber hinaus übe weiteres Belastungsmaterial verfügt haben. Darunter insbesondere Dokumente aus der Zei der Entführung und Ermordung des christdemokratischen Parteivorsitzenden Aldo Moro durc die "Roten Brigaden", die Andreotti bei einer Veröffentlichung massiv belaste hätten.
Andreotti war zum damaligen Zeitpunkt freilich nicht der einzige Politiker, de Peccorelli zu fürchten hatte. Dieser besaß Belastungsmaterial gegen eine Reihe weitere Spitzenpolitiker, die alle ein Motiv gehabt haben können, Peccorelli beseitigen zu lassen. Gegen Andreotti spricht aber insbesondere seine immer wieder behauptete Nähe zu Mafia und Camorra. In diesem Zusammenhang ist gegen Andreotti im Oktober ein weitere Prozeß in Palermo wegen mafioser Bandenbildung anhängig.
Daß Andreotti sich überhaupt einem Mordprozeß zu stellen hatte, ist auf die Anschuldigungen des ehemaligen Mafia-Mitgliedes Tommaso Buscetta zurückzuführen, den die Staatsanwaltschaft als Kronzeugen präsentierte. Buscetta behauptete, direkt Kenntnis vo den engen Kontakten Andreottis mit einer Reihe von Mafia-Bossen zu haben. Weite behauptete Buscetta, die Ermordung Peccorellis sei im Interesse Andreottis gewesen. Nebe Andreotti waren als Auftraggeber für den Mord an Peccorelli auch die Mafia-Bosse Pipp Calo und der in den USA einsitzende Gaetano Badalamenti angeklagt.
Der Freispruch Andreottis und der mitangeklagten Mafia-Größen hat alle diejenige Kräfte in Italien gestärkt, die Kronzeugen-Prozesse wie den gegen Andreotti am liebste ganz abschaffen würden. Genau dies forderte beispielsweise Silvio Berlusconi. Sollte e dazu kommen, würde die Beweisführung in zukünftigen Mafia-Prozessen erheblich erschwer werden. Mit Recht warnte der italienische Justizminister Oliviero Diliberto davor "das Kind mit dem Bade auszuschütten. Die Aussteiger (aus der Mafia) haben ein durch nichts zu ersetzende Rolle in der Aufklärung von Mafiaverbrechen zu spielen".
Genau hier liegt der springende Punkt. Der Prozeß gegen Andreotti lehrt, daß es in der italienischen Politik immer noch genug Akteure gibt, die an der Aufklärung vo Mafia-Verbrechen kein Interesse haben |
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