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Immer mehr junge Deutsche in den von Polen verwaltetenden Provinzen, die im rechtlichen Sinn Doppelstaatler sind, also sowohl den deutschen als auch den polnischen Paß besitzen, zieht es zur Ableistung des Grundwehrdienstes in die deutsche Bundeswehr. Wie Polens auflagenstärkste Tageszeitung, die liberale Warschauer "Gazeta Wyborcza" berichtet, sind es jährlich "einige Hundert" junge Deutsche, die östlich von Oder und Neiße ihren ständigen Wohnsitz haben und die es zur Bundeswehr zieht.
Die Kreiswehrämter in der Bundesrepublik Deutschland haben damit keine Probleme, da die Anwärter Deutsche sind, denen die Staatsbürgerschaft und damit auch der Paß nicht entzogen werden darf und die zudem oftmals eine hohe Wehrmotivation mitbringen. Wie jedoch der Sprecher der Rechtsabteilung des polnischen Verteidigungsministeriums, Artur Busz, erklärte, ist das Problem juristisch allerdings in Warschau noch nicht durch einen deutsch-polnischen Militärvertrag geklärt worden.
Polens Wehrkreisämter drückten jedoch ein Auge bei den "deutschen Polen" zu. An Strafen sei vorerst nicht gedacht. Obwohl in der Regel das polnische Strafgesetzbuch eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren für den Dienst unter fremder Flagge vorsieht.
Dies wollte nun ein sogenannter "Deutschpole" namens H. Michael mit Hilfe seiner Mutter, einer Anwältin, genau wissen und zog vor den polnischen Obersten Gerichtshof, indem er gegen den Artikel 141 des polnischen Strafgesetzbuches klagte und auch anführte, daß Polen wie die Bundesrepublik Deutschland der Nato angehören. Sollte H. Michael verlieren, dann würde er aus Protest sofort die polnische Staatsbürgerschaft niederlegen.
Michael gelangte über das Wehrkreisersatzamt Kassel zur Bundeswehr. Er wählte den Dienst in der Bundeswehr auch deswegen, um seine deutschen Sprachkenntnisse zu verbessern , was ihm wie vielen anderen Kameraden auch durchaus erfolgreich gelang.
Aber es sind auch andere Motive, die die jungen Deutschen veranlassen, die Bundeswehr der polnischen Armee vorzuziehen: Es vergeht kaum ein Tag, da die polnischen Medien nicht über die fatalen Zustände in Polens Armee Horrorberichte melden.
Offenbar glaubwürdig, denn nahezu bereinstimmend wird über überbelegte Mannschaftsunterkünfte, mangelnde Hygiene in den Kasernen, schlechte Verpflegung, mangelnde Kleidung, Diebstahl und hohen Drogenkonsum unter den Rekruten berichtet. Hinzu kommt maßloser Terror von den militärischen Vorgesetzten, so daß eine sehr hohe Selbstmordrate zu registrieren sei. Von einer Angleichung an bundesdeutsche Verhältnisse innerhalb der Bundeswehr sei Warschau noch sehr weit entfernt.
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