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Endlich dreht es sich, das Kandidaten-Karussell: Wer wird der neue Bundespräsident? Wen schickt die Union ins Rennen um die Nachfolge von Johannes Rau? Wer tritt eventuell sonst noch an, für die FDP etwa oder für Rot-Grün?
Es ist eine stattliche Liste von Namen, die da jetzt gehandelt werden. Wolfgang Schäuble scheint der Favorit der CSU zu sein, Klaus Töpfer hat offenbar gute Karten bei CDU-Chefin Angela Merkel , die wiederum könnte sich der Bundeskanzler ganz gut im Schloß Bellevue vorstellen (jedenfalls wäre sie Schröder dort lieber als im benachbarten Reichstag), Rita Süßmuth findet Sympathien statt bei den eigenen Parteifreunden bei den Grünen, und Wolfgang Gerhardt war seinen Liberalen zwar einst als Parteivorsitzender nicht mehr gut genug, wohl aber als Mann fürs erste Amt im Staate.
Wem all diese potentiellen Kandidaten noch nicht genug sind: Auch wenn Edmund Stoiber noch so oft beteuert, wie glücklich und zufrieden er mit den Ämtern des bayerischen Ministerpräsidenten und des CSU-Vorsitzenden sei - völlig ausschließen sollte man einen Umzug von der Isar an die Spree wohl doch nicht. Zumindest ist der Ober-Bayer als Bundespräsident nicht unwahrscheinlicher als der Vorschlag des hochgeschätzten Historikers Arnulf Baring, der sich in der Welt am Sonntag für Hans-Olaf Henkel stark machte.
Erstaunlicherweise wurde ein Name in der öffentlichen Kandidaten-Diskussion überhaupt noch nicht erwähnt: Lothar Späth. Der 66jährige CDU-Politiker verfügt über eine Reihe von Qualitäten und Tugenden, die ihn als tauglich erscheinen lassen. Als Chef von Jenoptik in Jena hat er in schwierigen Aufbaujahren wirtschaftlichen Sachverstand, Ideenreichtum, Mut zu klaren Entscheidungen und soziales Verantwortungsbewußtsein gezeigt, als Ministerpräsident von Baden-Württemberg war er ein vorbildlicher Vorkämpfer für die wohlverstandenen Interessen der Menschen in seinem Lande. Bis heute zählt er zu den wenigen Politikern, die nie "den Boden unter den Füßen", den Kontakt zum Volk verloren haben und so reden, daß jeder versteht, was gemeint ist.
Die Umstände, die zu seinem Ausscheiden aus dem Regierungsamt geführt haben, können im Rückblick nur als "an den Haaren herbeigezogen" und von bösartigen politischen Gegnern inszeniert gewertet werden. Dies erst recht, wenn man sie vergleicht mit einigen "dunklen Punkten" in der Karriere des derzeit meistgenannten Bewerbers Wolfgang Schäuble.
Man erinnere sich: Es ist nicht einmal vier Jahre her, da steckte Schäuble auf einmal selber tief in jenem Parteispendensumpf, an dessen Tiefpunkt er sich kurz zuvor von seinem früheren Freund und Förderer Helmut Kohl abgewandt hatte. Alles schon vergessen? Möglicherweise verbaut das in Kürze erscheinende Enthüllungsbuch der früheren CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister Schäuble den Weg ins Schloß Bellevue.
Viele Bürger verbinden mit dem Namen Schäuble noch einen anderen Skandal: die Verweigerung von Rückgabe oder Entschädigung für die zwischen 1945 und 1949 in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone enteigneten Grundeigentümer. Während der Verhandlungen über den Beitritt der DDR hatte Schäuble mit seinen östlichen Gesprächspartnern ausgekungelt, hier ein angebliches Veto Moskaus vorzuschieben. So konnte die Bundesregierung sich eines gigantischen Grundbesitzes bemächtigen; für viele der Betroffenen wurde damit Vater Staat zum gemeinen Hehler. Für viele Bürger jedenfalls ist ein Wolfgang Schäuble, der dafür die Hauptverantwortung trägt, als Staatsoberhaupt untragbar. |
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