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Kandidaten und Programme

 
     
 
Die Startaufstellung für das Rennen um die Gunst des Wählers ist nun komplett. Die Bundestagsparteien (und auch solche, die es werden wollen) haben ihre Programme vorgestellt, und die Spitzenkandidaten sind auch benannt. Einzige Überraschung: Die Liberalen treten mit einem eigenen Kanzlerkandidaten an. Guido Westerwelle ist in dieser Rolle ein gewisser Unterhaltungswert nicht abzusprechen. Allerdings geht es am 22. September - trotz "Spaßgesellschaft" - nicht um Heiterkeitserfolge, sondern um die Zukunft Deutschlands.

Immer deutlicher zeichnet sich ab: Wir stehen am Beginn eines "Lager-Wahlkampfes". Um die alte, der französischen Revolution entstammende Einteilung beizubehalten: das linke gegen das rechte Lager! Oder korrekter
formuliert: das sozialistische gegen das bürgerlich-liberale Lager!

Auf der einen Seite, der rot-rot-grünen, steht die Front. Schröders Sozialdemokraten und Fischers Grüne beschwören unverdrossen ihre großartigen Erfolge, auch wenn das Volk davon gar nichts bemerkt hat. Derweilen üben Wowereits Hauptstadt-SPD und Gysis SED-Wendehälse in Berlin schon fleißig für den "Tag X": Wenn es um die Macht geht, ist jedes Mittel (und eben auch jede Koalition) recht, Hauptsache, die Macht bleibt links!

Auf der anderen Seite sind die Reihen nicht ganz so fest geschlossen. Die Liberalen geben sich mal wieder "nach allen Seiten offen", obwohl sie in den meisten Kernfragen der Politik der Union deutlich näherstehen als dem linken Lager. Differenzen gibt es bei bestimmten innen- und gesellschaftspolitischen Themen; hier müssen im Falle eines Wahlsieges CDU und CSU energisch dafür sorgen, daß wertkonservative Positionen wieder stärker zur Geltung kommen. Der Ausgang der Wahl wird auch davon abhängen, ob Stoiber und Merkel solche Positionen im Wahlkampf glaubwürdig vermitteln können.

Daß die mutmaßlichen Koalitionspartner einer bürgerlichen Bundesregierung gleich mit zwei Kanzlerkandidaten antreten, gibt zwar nicht gerade ein Bild innerer Geschlossenheit, sollte aber auch nicht überbewertet werden. Westerwelle ist intelligent genug, um seine Chancen auf das Amt des Regierungschefs realistisch einzuschätzen. Seine Kandidatur mag gut für die Stimmung sein und vielleicht sogar ein paar Stimmen bringen - mehr nicht. Eigentlich ist es ja sogar recht geschickt, wenn man dem Medienstar Schröder außer einem programmatisch-sachlichen Stoiber auch noch einen durchaus wettbewerbsfähigen Unterhaltungskünstler namens Westerwelle entgegenstellt.

Entscheidend aber ist nicht die Show, sondern das Inhaltliche. Und dazu gehört auch das Thema "Flucht und Vertreibung". Was haben die Parteien in ihren Programmen dazu zu bieten? Traurige Antwort: weitgehend nichts. Immerhin findet sich im gemeinsamen Wahlprogramm der Union folgender Passus:

"Die deutschen Heimatvertriebenen und die deutschen Volksgruppen in Mittel- und Osteuropa haben heute eine wichtige Brückenfunktion bei der Zusammenarbeit mit Deutschlands östlichen Nachbarstaaten. Auch deshalb verdienen die deutschen Minderheiten im Osten unsere Unterstützung. Die Union wird im Hinblick auf die Osterweiterung der EU die berechtigten Anliegen der Heimatvertriebenen zur Sprache bringen. Die in der EU geltende Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit ist ein Schritt hin zur Verwirklichung des Rechts auf die Heimat auch der deutschen Vertriebenen - in einem Europa, das sich als Rechts- und Wertegemeinschaft versteht und in dem die Völker und Volksgruppen einträchtig und ohne rechtliche Diskriminierung auch aus der Vergangenheit zusammen- leben können ... Das Recht auf Heimat gilt. Die Vertreibungsdekrete und -gesetze sind Unrecht. Sie stehen im Gegensatz zu Geist und Werten der Europäischen Union und des Völkerrechts. Vertreibung und ethnische Säuberung dürfen nirgendwo Teil der bestehenden Rechtsordnung sein."

Das klingt recht gut. Und wenn Edmund Stoiber auf dem Deutschlandtreffen der Ostdeutschland im Juni in Leipzig ähnlich klare Worte findet wie zuvor auf dem Pfingsttreffen der Sudetendeutschen, dürfte er einem Wahlsieg um etliche Wählerstimmen nähergekommen sei
 
     
     
 
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