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Kriegskinder suchen ihre Väter

 
     
 
Jahrzehntelang bastelte man in Dänemark an Legenden, die beweisen sollten, daß die Dänen wie ein Mann den 1940 einmarschierten deutschen Truppen Widerstand geleistet hätten. Skeptische Fragen, wie es dann zu erklären sei, daß Dänemark während des Krieges nicht als alliierte Macht von den späteren Siegern anerkannt wurde, verdrängte man. Jetzt wird ein Kapitel der dänischen Geschichte zwischen 1940/ 1945 nach dem anderen aufgearbeitet.

Wie weitgehend spannungsfrei das Verhältnis der dänischen Bevölkerung
zur deutschen Wehrmacht war, mag auch die Tatsache belegen, daß weit mehr als 20 000 dänische Frauen aus allen sozialen Schichten freundschaftliche Beziehungen zu deutschen Soldaten unterhielten. Das hat bereits 1990 die Historikerin Anette Warring vom Roskilder Universitätszentrum erforscht. Aus diesen Verbindungen sind Tausende von Kindern hervorgegangen, deren trauriges Nachkriegsschicksal allmählich ans Tageslicht kommt.

Während Frau Warring seinerzeit von etwa 6000 Kindern ausging, deren Väter deutsche Soldaten waren, gibt jetzt das dänische Justizministerium bekannt, daß in Dänemark zwischen 1940 und 1951 insgesamt 5579 "Kriegskinder" geboren wurden, davon zweifellos die allergrößte Zahl mit deutschen Vätern, eine kleinere Zahl mit Vätern aus Siegermächten, von denen nach 1945 Truppenkontingente in Dänemark stationiert waren.

Ein nicht geringer Teil der Kinder von deutschen Vätern weiß nichts davon. Dänemark hat nach dem Krieg systematisch verhindert, daß die Kinder oder deren Mütter Kontakt mit den inzwischen in Deutschland lebenden Vätern unterhielten. Wie der Vorsitzende des inzwischen gegründeten Vereins "Danmarks Krigsbarnsforeningen", Arne Øland, der Presse gegenüber äußerte, will sein Verein erreichen, daß endlich die dänischen Behörden die Akten über deutsche Väter dänischer Kinder herausgeben.

Zwischen 1940 und 1945 gab es in Dänemark eine sogenannte "Vergleichskommission", in der, wie Øland berichtete, Juristen der deutschen Wehrmacht und des dänischen Justizministeriums reibungslos zusammenarbeiteten. Bei der Geburt eines unehelichen Kindes hatte die Mutter Auskunftspflicht gegenüber der Polizei oder der Mütterhilfe. War der Vater Angehöriger der deutschen Wehrmacht, nahm ein Richter eine Befragung der Mutter vor. Diese Aussage erhielt das Justizministerium, das sie an die Wehrmachtsjustiz weiterleitete.

Die zuständige Wehrmachtsbehörde verhörte daraufhin den als Vater angegebenen Mann und entnahm ihm sogar zum Vaterschaftsnachweis eine Blutprobe. Nach Zuerkennung der Vaterschaft durch die Kommission wurde der deutsche Vater für sein Kind bis zum18. Lebensjahr unterhaltspflichtig.

Bei Kriegsende zerschnitt die dänische Regierung abrupt die Verbindung zwischen Mutter undKind einerseits und dem deutschen Vater andererseits. Sie erkannte die Vaterschaften nicht mehr an und unterband in der Nachkriegszeit jegliche Kontaktversuche der Väter. Briefe aus Deutschland an die dänischen Mütter und ihre Kinder verschwanden ebenso wie umgekehrt die Briefe der Mütter an die in Deutschland lebenden Väter.

Den Müttern erging es nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht schlecht. Nach der dänischen Historikerin Anette Warring mußten sie den allgemeinen Deutschenhaß ausbaden. Einige, so Warring, wurden "nur" kahl geschoren, anderen in der Öffentlichkeit die Kleider vom Leibe gerissen. Wie im Wilden Westen wurden sie geteert und gefedert und durch die Straßen getrieben.

So gebrandmarkt, verschwiegen später viele Frauen ihren deutschen Partner. Obwohl nach dänischem Gesetz nur dann ein Kind zur Adoption freigegeben werden durfte, wenn beide Elternteile zustimmen, bestimmte in vielen Fällen die dänische Justiz, daß die Kinder deutscher Väter ohne weiteres adoptiert werden sollten. Jetzt suchen Hunderte dänischer Kriegskinder ihre Väter und verlangen, daß endlich die dänischen Archive geöffnet werden.

 
     
     
 
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