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Künftig wieder Königsberg?

 
     
 
Monatelang hüllte sich der neue Königsberger  Gouverneur Wladimir Jegorow in Schweigen über seine politischen Zukunftspläne. Die Aussicht, daß über kurz oder lang die Nachbarn Polen und Litauen Mitglieder der Europäischen Union werden, führte in Brüssel zu hektischer Betriebsamkeit. Pläne für eine wirtschaftliche Eingliederung des Königsberger Gebiet
s bei gleichzeitigem staatlichen Verbleib bei Rußland wurden in kurz aufeinanderfolgenden Denkschriften ventiliert. In Moskau und Königsberg ging man die Sache dagegen etwas gelassener an.

Inzwischen hat Wladimir Jegorow nun erstmals in einem deutschen Nachrichtenmagazin Stellung zu den wichtigsten Fragen der künftigen Beziehung des Königsberger Gebiets zur EU Stellung bezogen. Die Einrichtung eines wirtschaftlichen Sonderstatus Königsbergs innerhalb der EU sieht der Gouverneur ohne weitere Folgen auf die staatliche Zugehörigkeit zur Russischen Föderation. Da die EU aber nach Eintritt der Nachbarländer dort große Summen zuschießen werde, könnten die Unterschiede zum Königsberger Gebiet sich zunächst einmal verschärfen. Es sei auch für Brüssel problematisch, in Königsberg "im Zentrum Europas eine Quelle wirtschaftlicher Spannungen, Krankheiten oder ökologischer Gefahren zu haben, die sich an keine Grenzen halten …".

Daß einer der Nachbarn, Polen oder Litauen, Nord-Ostdeutschland einfach "schlucken" wolle, glaubt Jegorow dagegen nicht: "Das würde denen schwer fallen, wir sind nämlich nicht so leicht verdaulich." In diesen Zusammenhang stellte der Gouverneur auch die jüngsten Gerüchte um die Stationierung von Atomraketen in Königsberg. Jegorow: "Immer wenn es eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Rußland und der EU in puncto Kaliningrad gibt, werden von außen Mißtrauen und Verdächtigungen gesät. Es sind nicht die Europäer, die diese Fragen aufwerfen."

Die jüngst in der britischen Presse zu vernehmenden Gerüchte, die Bundesrepublik wolle gegen die Erlassung der russischen Altschulden von rund 70 Milliarden Mark die wirtschaftliche Oberhoheit über das Königsberger Gebiet erreichen (Das berichtete), bezeichnete Jegorow als eine "Seifenblase": "Auf diese Weise sollen die Einwohner des Gebiets aufgeputscht werden – als lebte hier eine Million Sklaven, die für die Begleichung irgendwelcher Schulden verkauft würde."

Von parallel zur EU bestehenden bilateralen deutsch-russischen Lösungsmöglichkeiten, von denen kürzlich noch in den Gesprächen zwischen Rußlands Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzler Gerhard Schröder die Rede war, ist allerdings nichts mehr zu hören. Ein deutsches Konsulat in Königsberg, von Moskau bislang auf die lange Bank geschoben, ist auch weiterhin nicht vorgesehen. Dafür eröffnet demnächst auch Schweden eine eigene diplomatische Vertretung. Die Rückbenennung Kaliningrads in Königsberg stehe zur Zeit nicht auf der Agenda. Dennoch, so Jegorow: "Das Wort wird schon jetzt von den Leuten ganz gelassen benutzt, und ich sehe auch nichts Gefährliches darin."

 
     
     
 
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