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Lebendiges Kulturerbe

 
     
 
Zehn Jahre stand ein Gebäudekomplex im brandenburgischen Luckenwalde leer, der von Kennern als ein Meisterwerk des Expressionismus gewertet wird. Geschaffen wurde die 1921-1923 erbaute Hutfabrik Friedrich Steinberg, Herrmann & Co. von dem Allensteiner Architekten Erich Mendelsohn
, der für Potsdam auch den markanten Einstein-Turm schuf. Mendelsohn hatte den Fabrikbesitzer Herrmann bereits 1919 in Berlin kennengelernt; er wurde sein erster Auftraggeber. Nachdem er in Lukkenwalde für Herrmann eine Arbeitersiedlung, eine Fabrikhalle und vermutlich auch einen kleinen Gartenpavillon errichtet hatte, schuf Mendelsohn mit der Hutfabrik - einem vierschiffigen Werkhallenkomplex, einem Färbereigebäude mit neuartigem Lüftungs- system in der Form eines überdimensionalen Hutes und einem Kraftwerk - einen Neubau, der heute als herausragendes Denkmal der Industriebaukunst gilt. Zu DDR-Zeiten war dort eine Wälzlagerfabrik untergebracht, nachdem man 1934 bereits den markanten Hut entfernt hatte. Jetzt will ein aus dem Libanon stammender Unternehmer dort Recyclinganlagen für Textilien und Kunststoffe unterbringen. Vorerst allerdings muß das Gebäude saniert werden. Unterstützung erhält der in Berlin lebende Unternehmer vom brandenburgischen Landesamt für Denkmal- pflege und der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz.

Besondere Verdienste um die Denkmalpflege hat sich ein Team von Schülern, Studenten und Lehrlingen, Handwerkern, Restauratoren, Architekten, Lehrern, Firmen und Behörden erworben, die einen 1928 von Bruno Taut errichteten Versuchspavillon für die „Aufbauschule Neukölln“ am Dammweg vor dem Verfall retteten. Das lange leerstehende Gebäude gehört heute zur Carl-Legien-Oberschule und wird wieder als Klassenraum genutzt. - Ein ausführlicher Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des Pavillons und die Schule findet sich in der umfangreichen Monographie Bruno Taut 1880-1938, Architekt zwischen Tradition und Avantgarde (Hrsg. Winfrid Nerdinger, Manfred Speidel, Kristiana Hartmann, Matthias Schirren. DVA, München. 440 Seiten mit 698 Abb., davon 181 in Farbe, geb. mit Schutzumschlag, 128 E). Kenner der Literatur um den Königsberger Architekten werden wissen, daß es in jüngster Zeit eine Vielzahl von Einzelveröffentlichungen gegeben hat, die sich mit speziellen Aspekten im Werk des bedeutenden Architekten befaßten. Nun endlich liegt eine Monographie vor, die das gesamte Spektrum seines Schaffens umfaßt. Das Werkverzeichnis nennt 175 Bauten und Projekte; dort allerdings ist den Autoren ein bedauerlicher Irrtum unterlaufen, siedelten sie doch Tilsit, wo Taut Landhäuser entworfen hat, zwar in Ostdeutschland an, verlegten es aber ins heutige Polen! - Schade. Unter den Entwürfen findet sich auch der Plan für ein Rundhaus, das Taut 1921/22 bereits in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Frühlicht“ vorgestellt hat. Eben ein solches Rundhaus steht seit 1926 im niedersächsischen Worpswede, errichtet von dem Schriftsteller und Gästeführer Edwin Koenemann (1883-1960). Koenemann hat Zeit seines Lebens dieses Rundhaus, von den Worsp- wedern bald liebevoll „Käseglocke“ genannt, als seine Idee ausgegeben. Näheres aber erfährt man nun über die Entstehungsgeschichte, die Restaurierung und Einweihung im vergangenen Jahr, über Koenemann und das Leben in der Künstlerkolonie in einer von den Freunden Worpswedes herausgegeben Broschüre Die Käseglocke in Worpswede von Jürgen Teumer (120 Seiten, zahlr. Abb., 10 E plus Versandkosten, zu beziehen über Freunde Worpswedes, Bergstra- ße 17, 27726 Worpswede, Fax 0 47 92/77 71, Versand gegen Rechnung). - Käseglocke, Hutfabrik und Pavillon, drei Beispiele, wie lebendig das Kulturerbe bewahrt werden kann. Architektur aus vergangenen Zeiten, in der und mit der man lebt. Peter van Lohuizen


Erich Mendelsohn: Hutfrabik Friedrich Steinberg, Herrmann & Co. in Luckenwalde, erbaut 1921-23 /p> Die Käseglocke in Worpswede: Edwin Koenemann ließ dieses Rundhaus 1926 nach den Plänen des Architekten Bruno Taut erbauen Foto: Freunde Worpswedes e.V.

 
     
     
 
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