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hämisches Lächeln
Einen "unbequemen Einmischer" meinte dieser Tage der Berliner "Tagesspiegel" in ihm zu erkennen. Treffender wäre es indes gewesen, vom rabiaten, weit außen angesiedelten linken Gewissen der Nation zu sprechen. Denn am Konservativen jedenfalls läßt er selten einen guten Faden. Dafür hat er inzwischen sein Herz für die Lieben von der PDS entdeckt.
Gemeint ist Walter Jens (75), emeritierter Rhetorikprofessor, der einst so gern nach dem "Arbeiter- und Bauernstaat" schielte. Ein gesamtberlinisches Bekenntnis kam ihm in jener Zeit kaum über die Lippen.
Erst 1989, damals zum Präsidenten der Berliner Akademie der Künste (West) gewählt und später Chef der mit dem Osten vereinigten Institution, erschien ihm die Stadt in einem opportuneren Licht. Dafür hat der "alte Zyniker" aus Hamburg vom Berliner Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) jetzt die Ernst-Reuter-Plakette für Verdienste um Berlin erhalten. So weit, so gut. Aber der Namensgeber dieser Auszeichnung bedeutet auch und vor allem ein konservatives Element. Im Falle Jens muß der in Berliner Geschichte gut bewanderte Diepgen deshalb mehr als nur ein Auge zugedrückt haben, denn nicht immer wählen die Kälber ihre Schlächter selber. Oder war es gar Ängstlichkeit vor der zeitgenössischen Kulturschickeria, für die links dort ist, wo das Herz zu schlagen pflegt?
Jens jedenfalls bedankte sich im Roten Rathaus artig. Eine leichte Häme in seinem Lächeln in die Kameras konnte er allerdings dennoch nicht verbergen.
Konrad Rost-Gaudenz
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