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Mehr als nur Zweckbündnis

 
     
 
Überhaupt mache ich der neuesten Historie den Vorwurf, daß sie sich viel zu wenig um wirkliche Menschen aus Fleisch und Blut kümmert, daß sie zu wenig Sympathien für Menschen hat oder gar keine, daß sie also ,Hamlet ohne den Prinzen von Dänemark spielt." Mit dieser Klage von Golo Mann beginnt Martin Rupps sein Buch "Troika wider Willen - Wie Brandt, Wehner und Schmidt die Republik regierten". Er will seinen Lesern auch die Menschen zeigen, und man kann sagen, es ist ihm geglückt. Nachdem er die Lebenswege der drei SPD-Politiker bis zu ihrer allmählich entstehenden engen Zusammenarbeit skizziert hat, zeigt er auf, welche Ziele die drei Politiker einten und wann ihre unterschiedlichen Charaktere und das Scheitern sie voneinander entfremdete.

Der 40jährige Autor gliedert sein Buch nach wesentlichen Ereignissen in Politik, aber auch auf zwischenmenschlicher Ebene. Sensibel erläutert er, wie es dazu kommen konnte, daß im Grunde drei Außenseiter - von denen später zwei sogar das Amt des Bundeskanzlers innehatten - die nach dem Zweiten Weltkrieg
geschwächte SPD Stück für Stück zur Regierungspartei aufbauten. Gerade den zwischenmenschlichen Bereich hebt Rupps hervor, indem er erklärt, wer wann warum die Troika führte. Drei starke Männer, die sich über Jahrzehnte gemeinsam arrangierten, ohne dem anderen seine Position zu neiden; jedenfalls über eine gewisse Zeit. Gerade Wehner konnte irgendwann der Politik des Kanzlers Brandt nicht mehr zustimmen und gab so manches unfaire Interview, in dem er Brandts Regierungsfähigkeit in Zweifel zog. Überhaupt zeigt Rupps auf, wie häufig gerade von der Seite Wehners die Troika manchmal eben nur ein Zweck-bündnis war. Aber auch im Detail geht er auf die unterschiedlichen Positionen der Politiker zu den verschiedensten politischen Themen ein und verdeutlicht, wie und war-um sie sich dann immer irgendwie im Interesse der Partei zusammenrauften, um nach außen ein einigermaßen einheitliches Bild zu präsentieren.

Martin Rupps unterlegt seine Behauptungen mit den Aussagen anderer Biographen, Historiker und auch Journalisten. Bei letzteren versteift er sich allerdings sehr auf die Intellektuellen-Blätter wie Zeit und Spiegel, wobei gerade die Springerpresse hier von Interesse gewesen wäre. Gerade die Reaktion der Bild auf Brandts Frauengeschichten und die Affäre Guilliaume dürften durchaus eine Erklärung für Brandts Kränkeln und Lustlosigkeit in seiner zweiten Amtszeit bieten. Keiner, der plötzlich von Volkes Liebling zum "Buhmann der Nation" gemacht wird, übersteht das ohne Blessuren.

Nachkriegszeit, Mauerbau, Notstandsgesetze, 68er, Ostpolitik, RAF, Nato-Doppelbeschluß und Mauerfall: die "Troika wider Willen" erzählt nicht nur die Beziehungen und Taten dreier Politiker, sondern eben auch deutsche Geschichte als erlebte Geschichte dreier prägender Männer in der alten Bundesrepublik. Fritz Hegelmann

Martin Rupps: "Troika wider Willen - Wie Brandt, Wehner und Schmidt die Republik regierten", Propyläen, Berlin 2004, geb., zahlr. Abb., 344 Seiten, 24 Euro

 
     
     
 
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