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Kaum Anteil am Mauerbau

 
     
 
Abgesehen von dem deutsch-französischen Fernsehkanal ARTE, der dem 40. Jahrestag des Mauerbaus drei deutsche Dokumentarfilme gewidmet hat, haben die französischen Medien dieses Ereignis nur am Rande behandelt. Die linksliberale „Libération“ überging dieses Ereignis vollständig, sie erwähnte selbst mit keinem Wort die Berliner Gedächtnisfeier. Der konservative „Figa- ro“ griff schlicht und einfach mit einer Fußnote das schaurige Jubiläum auf, die anscheinend nur die gekürzte Fassung einer Depesche der amtlichen französischen Nachrichtenagentur AFP war. Nur „Le Monde“ schickte einen Sonderberichterstatter nach Berlin, der aber äußerst zurückhaltend über den 40. Jahrestag der Berliner Mauer
einen kurzen Beitrag schrieb.

Dem französischen Durchschnittsbürger erscheint Berlin als eine sehr entfernte Stadt. Das Interesse der französischen Intellektuellen anläßlich des Falls der Mauer kann man sicherlich als einen Versuch verstehen, sich der öffentlichen Meinung gegenüber distanziert kritisch darzustellen. Aber falls die SPD sich enger der PDS anschließen würde und vielleicht in Koalitionsvereinbarungen mit der Nachfolgepartei der SED einträte, würde in diesen sogenannen intellektuellen Kreisen vermutlich keine Empörung zu registrieren sein. Obschon dieFranzosen in ihrer Merheit seit langem davon überzeugt sind, daß Freundschaft mit den Deutschen besser als Streit mit ihnen sei, kann man sagen, die deutsch-französische Zusammenarbeit bleibt nur bedeutungsvoll im engeren Umfeld von Politik und Wirtschaft, entflammt aber den Durchschnittsbürger nicht.

Der langjährige Außenminister de Gaulles (1958-1968), Maurice Couve de Murville, der inzwischen verstorben ist, erklärte kurz vor seinem Tod, die deutsche Teilung hätte die französische Diplomatie in eine seit dem ersten napoleonischen Kaiserreich nicht mehr gekannte günstige Lage gesetzt. Der deutsch-französische Elysee-Vertrag sei in diesem Zusammenhang vor allem für die im Rahmen des Gemeinsamen Markts getroffenen Abkommen für Frankreich vorteilhaft gewesen, was sicherlich der inzwischen geradezu legendär gewordenen Schlagzeile „Maastricht, das ist Versailles ohne Krieg“ entspricht. Eine solche Meinung teilen sicherlich noch weitgehend gewisse Kreise der gaullistischen Bewegung, ebenso wie einige linke Politiker, die Bewunderung für das Werk Clemenceaus, des Unterzeichners des Versailler Vertrags, hegen.

Grundlegender vertritt man beim „Institut d’Histoire Sociale“, die These, die Teilung Deutschlands sei eher ein diplomatisches Problem als das Ergebnis der Grundeinstellung der SED gewesen. 1961 hätte die Verantwortung für den Mauerbau mehr bei der Sowjetführung als bei Walter Ulbricht gelegen. Zusammengefaßt glauben die Experten des „Institut d’Histoire Sociale“, der Mauerbau sei das Ergebnis des Kalten Kriegs gewesen, eine Bundeskanzler Schröder entgegengesetzte Meinung, der in Berlin anläßlich des 40. Jahrestages ausschließlich den undemokratischen Charakter des Systems der „DDR“ hervorgehoben hatte.

Und so ist es nicht erstaunlich, daß „Le Monde“ in der erwähnten Berichterstattung den Streit über die gegenwärtige Bedeutung der PDS in den Mittelpunkt setzte. Tenor des Beitrags: „Der vierzigste Jahrestag der Berliner Mauer teilt Deutschland immer noch.“ Eine übrigens vom Massenrundfunksender „France-Info“ geteilte Meinung, der sich spitz gegen die CDU/CSU anläßlich der Gedächtnisfeier äußerte, weil die deutschen Konservativen die PDS nicht schonen.

Womit sich zugleich offenbart, daß die kommunistische Linke in der Bundesrepublik nicht aufgrund ideologischer Nähe, sondern wegen ihres die Entwicklung der deutschen Dinge störenden Charakters die Tolerierung gewisser französischer Kreise erfährt. Die gezielte Förderung solcher Kreise war schon immer ein gern benutztes Mittel der Außenpolitik. Es erklärt sich auch daraus mühelos die scheinbar geübte Solidarität. P. C. / P. F.

 
     
     
 
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