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Als Lovis Corinth im Jahr 1907 eine Rheinreise unternahm, führte ihn sein Weg auch nach Mainz. Seiner Frau Charlotte schrieb er nach Berlin: "Heute morgen stiebelte ich noch in Mainz rum, bis der Dampfer fuhr, und fand in einem Schaufenster vom Buchladen den ,Ansorge von mir ausgehängt. Es berührt einen doch immer eigentümlich, wenn man so seine Geisteskinder findet, wie sie einen begrüßen ..." Gemeint war das Porträt, das der Ostpreuße 1903 von dem 1862 im schlesischen Liebau geborenen Pianisten und Komponisten Conrad Ansorge gemalt hatte.
Ansorge besuchte von 1880 bis 1882 das Konservatorium in Leipzig und war anschließend Schüler vom großen Franz Liszt (1885-1886). Mit ihm ging er nach Rom, um neue Eindrücke zu sammeln. Konzertreisen führten Conrad Ansorge schließlich nach Amerika, wo er berühmt wurde. 1893 ließ der Schlesier sich zunächst in Weimar nieder. Doch auch dort hielt es ihn nicht lang. Seine Wege führten ihn schließlich nach Berlin; von dort aus unternahm er zahlreiche Konzertreisen. Werke von Beethoven, Schubert, Schumann und natürlich von Liszt interpretierte Ansorge meisterhaft. Von 1898 bis 1903 gab er seine Kenntnisse am Klindworth-scharwenka-Konservatorium weiter. Auch in Königsberg i. Pr. und in Prag waren seine Fähigkeiten gefragt. 1918 wurde Conrad Ansorge zum Königlichen Professor ernannt.
Der Schlesier war jedoch nicht nur ein Meister auf dem Klavier, auch als Komponist schuf er Beachtliches. Neben Liedern, Klaviersonaten, Balladen und "Traumbildern" für Klavier, Klavierkonzerte und Streichquartette komponierte Ansorge auch ein Requiem für Männerchor und Orchester. Als erster setzte er Texte von Stefan George in Musik um. - Conrad Ansorge starb vor 75 Jahren am 13. Februar in Berlin. man
Lovis Corinth: Bildnis des Pianisten Conrad Ansorge (Öl, 1903; im Besitz des Münchner Lenbachhauses) |
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