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Modemesse kehrt der Hauptstadt den Rücken

 
     
 
Vom 17. bis zum 19. Januar findet wieder die bekannte Modemesse "Bread and Butter" (BB) statt. Aber nicht in Berlin, sondern in Barcelona. Die für die Folgewoche geplante "BB" in Berlin wurde überraschend abgesagt.

Verläßt "Bread and Butter" Berlin jetzt auf Nimmerwiedersehen? Es sieht so aus. Die Stadt verlöre damit einen weiteren ökonomischen Strohhalm, an den sich Senat und Wirtschaft hoffnungsvoll geklammert hatten.

Es ist wie mit "Verliebt in Berlin". Diese "Sat-1"-Seifenoper, die in der Berliner Modewelt spielt, erlebt seit dem Ausscheiden der Serienheldin "Lisa Plenske" (gespielt von Alexandra Neldel) einen erbärmlichen Absturz - der einst stolze Marktanteil sank auf jämmerliche 13,5 Prozent Anfang Oktober. TV-Kritiker nennen die Serie längst nur noch bissig und ironisch "Versiebt in Berlin".

"Bread and Butter" war seit 2003 das Aushängeschild der trendigen Modestadt Berlin. Die Spreemetropole ist alles andere als ein führender Standort für Modefirmen oder -messen. Die Großen der Branche sitzen in Mailand und Paris. Oder aber in Barcelona.

Daß ausgerechnet die Hauptstadt Kataloniens zum neuen Zentrum werden soll, ist besonders ärgerlich. Barcelona kam schließlich erst 2005 als zweiter Standort zum "Bread and Butter"-Konglomerat hinzu. Damals war die Messe in Berlin bereits fest etabliert und hatte sich einen schillernden Namen über die Stadtgrenzen hinaus gemacht.

"BB" war eine einfache, schlichte Messe. Zu ihr wurden Händler und Modeschöpfer in ein ehemaliges Siemens-Kabelwerk eingeladen. So entstand eine "Kommt direkt aus der Garage"-Atmosphäre, die zum Markenzeichen für Berlin als junge, unkonventionelle, aber eben gerade deshalb besonders kreative Metropole geworden ist und zum Erfolg der Messe entscheidend beigetragen hat.

Große Geschäfte
jedoch werden anders abgewickelt. Für den Gründer der Messe Karl-Heinz Müller steht jedenfalls fest: "Die BB Barcelona hat sich als führende Plattform für die jungen, zeitgenössischen Segmente durchgesetzt, und dieser Schritt setzt weitere Potentiale frei. Wir rechnen in Barcelona mit Aussteller- und Besucherzuwächsen, denn die Entscheidung kann jetzt klar für eine Veranstaltung getroffen werden."

In Berlin sahen die Anmeldezahlen zuletzt mau aus. Müllers rigides Urteil: "Bread and Butter Berlin" ist trotz großer Investitionen in Richtung Besucher und Aussteller sowie gezielter Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen nicht auf ausreichende Resonanz gestoßen. Der bisherige Anmeldestand in Berlin läßt eine qualitativ hochwertige Veranstaltung nicht zu."

Tatsache ist, daß bei der letzten Messe in Berlin (Juli 2005) ein Rückgang der Besucherzahl um mehr als 50 Prozent auf 20000 zu verkraften war. Die Zahl der Aussteller lag bei 500. Nach Barcelona strömten im selben Sommer doppelt so viele Aussteller, die sich über 53000 Besucher freuen konnten. Für die in Berlin geplante Messe im kommenden Januar hatten sich weniger als 100 Aussteller angemeldet.

Diese Zahlen und die gestelzte Mitteilung im Managerchinesisch des "BB"-Chefs beleuchten aber nur die halbe Wahrheit. Kritiker werfen Müller vor, er habe es in Wirklichkeit bewußt darauf angelegt, die Berliner Messe absaufen zu lassen.

Auslöser des Verdachts ist die Terminvergabe: Berlin hätte nur ein paar Tage nach Barcelona stattfinden sollen. Welche Firma, welcher Vertreter, welcher Fachjournalist tut sich das an, fragen Kenner der Szene. Wer reist innerhalb von einer Woche von einer Messe zur nächsten, die vom gleichen Veranstalter und vermutlich auch mit großenteils den selben Ausstellern ausgerichtet wird? Antwort: Niemand.

Das sei so, als versuchte die Messe Leipzig eine Elektronikmesse in der Woche nach der Hannoveraner "Cebit" zu etablieren, oder als würde Klagenfurt ein Filmfestival ins Leben rufen - einen Tag nach der Vergabe der Goldenen Bären bei der Berlinale, unken Beobachter. "Damit haben sich beide Messen kannibalisiert", meint deswegen Jörg Wichmann, der Chef des Berliner Modehauses "Berlinomat". Berlin sei bewußt benachteiligt worden.

Als Gewinner sieht sich dagegen Düsseldorf, weil sich die Modestadt von einem nationalen Konkurrenten befreit glaubt. Der Chef der Düsseldorfer "Igedo"-Messe teilte nach Bekanntgabe der Entscheidung für Barcelona herablassend mit: "Die Absage der Bread and Butter hat gezeigt, daß Berlin nicht über das wirtschaftliche Umfeld verfügt, um eine hochkarätige Modemesse nachhaltig durchzuführen."

Das sieht wohl auch Karl-Heinz Müller so. Der Gründer und Chef von "BB" gilt als Schlitzohr. Die letzte seiner Berliner Messen feierte er noch als "die schönste ,Bread and Butter aller Zeiten". Für seine Verdienste erhielt er vor gerade mal vier Wochen den Verdienstorden des Landes Berlin. Und jetzt zieht es ihn nach Barcelona, wo die größeren Geschäfte gemacht werden.

Seine Firmenzentrale beläßt er trotzdem in Berlin (den Flug zwischen beiden Städten gibt es bei Airberlin schon ab 19 Euro). Die Lebenshaltungskosten sind schließlich nirgendwo geringer.
 
     
     
 
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