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Musik von Arkadij Feldman im Symphonieorchester

 
     
 
Nicht von ungefähr nannte Erwin Kroll seine 1966 erschienene musikalische Chronik über die alte Pregelstadt "Musikstadt Königsberg". Schließlich hatte schon Johannes Kugelmann 1527 im Vorwort zu seinem ersten ostdeutschen Kirchenliederbuch geschrieben: "Auch hier im Preußenland wohnen die Musen."

Herzog Albrecht war es, der den Grundstein legte zur reichen Musikkultur in Ostdeutschland. Er selbst schrieb geistliche Lieder, engagierte für seine Hofkapelle begabte Musiker wie die Brüder Kugelmann und förderte die protestantische
Kirchenmusik. Auch in späteren Jahrhunderten findet man illustre Namen von Männern, die in Königsberg geboren wurden und (oder) dort wirkten und die in die Musikgeschichte eingehen sollten: Otto Nicolai, Hermann Gustav Goetz, Adolf Jensen; und in unserem Jahrhundert Heinz Tiessen und Otto Besch. Liebhaber fanden sich zu musikalischen Kreisen zusammen, Hausmusik wurde gepflegt, Konzerte gern besucht. Johann Friedrich Reichardt (1752–1814), Komponist, Musikkritiker und Hofkapellmeister dreier Preußenkönige, hat einmal treffend die feinen Unterschiede erläutert, die Musikliebhaber von Kennern und Meistern trennen: "Liebhaber der Musik ist der, der nach dem Anhören oder auch Ausüben musikalischer Stücke Vergnügen findet, ohne daß er sich weiter um die Gründe desselben und die Regeln der Kunst überhaupt bekümmert. Kenner ist der, der sich bemüht, die Regeln der Kunst zu studieren, insoweit sie notwendig sind, ein musikalisches Stück aus Gründen beurteilen zu können. Meister selbst ist nur der, der den ganzen Umfang der Kunst, ihre Regeln und Vorschriften genau kennt und sie auch selbst durch Kompositionen in Ausübung zu bringen vermag."

Liebhaber und Kenner gibt es auch heute in Königsberg wieder – ein gutes halbes Jahrhundert nach Kriegsende und Zerstörung der Stadt im Osten. Ein ausgewiesener Meister aber ist dort der in der Ukraine geborene Komponist und Dirigent Arkadij Feldman. Mit dem von ihm vor 10 Jahren gegründeten "Staatlichen Symphonieorchester Kaliningrad/Königsberg" feiert er ansehnliche Erfolge – nicht nur im heutigen Ostdeutschland. Vor zwei Jahren war Feldman, der in seiner Vaterstadt Owrutsch zunächst eine Musikschule besuchte und dort Akkordeon lernte, dann aber nach Königsberg zu einer Tante zog und Musik studierte, später das Konservatorium in Saratow besuchte, schon einmal mit seinem Ensemble in Deutschland und trat in Stuttgart, Karlsruhe, Schwäbisch Hall und Überlingen auf. In Presseberichten wurde besonders das hohe künstlerische Niveau des Orchesters gelobt.

Im September nun kommt Arkadij Feldman mit seinem Orchester auf Einladung der Stadtgemeinschaft Königsberg wieder in den Westen. Er wird zum 30jährigen Bestehen des Duisburger "Museums Stadt Königsberg" (früher Museum "Haus Königsberg") Konzerte in Duisburg und Bad Godesberg geben. Anschließend macht er einen Abstecher nach Hamburg, wo er auf Initiative der Stadtgemeinschaft Königsberg, Gruppe Hamburg, ebenfalls auftreten wird.

Bei einem Besuch im Hamburger Ostdeutschlandhaus ergab sich die Möglichkeit zu einem lebhaften Gespräch (Feldman hat nie Deutsch gelernt, spricht und versteht es aber vorzüglich, da er als Musiker das absolute Gehör hat). Der engagierte Musiker, der auch andere mitreißen kann, erzählte von den schwierigen Anfängen, von seinen Bemühungen, in Königsberg ein ordentliches Orchester auf die Beine zu stellen. Zunächst waren es 15, dann 30 Musiker, die sich zusammenfanden  und Stücke einstudierten, schließlich auch vor Publikum auftraten.

Dann kam das Jahr 1990. Auch in Königsberg sollte der 120. Geburtstag von Lenin feierlich begangen werden. Das Symphonieorchester wurde aufgefordert, ein 40minütiges Konzert zu geben. Mit Erfolg! Sogar die Partei-Funktionäre waren begeistert. "Der Vorsitzende des Stadtkomitees lud mich zu sich ein und interessierte sich dafür, welche Hilfe das Orchester benötige, um noch besser und öfter spielen zu können, um das Repertoire zu vervollständigen", erinnerte sich Feldman. Das war die offizielle Anerkennung und so nennt man sich seit 1990 "Staatliches Symphonieorchester".  Besonders glücklich ist Feldman, daß das Orchester seit Februar dieses Jahres ein eigenes Haus hat – einen alten Kinosaal am Hauptbahnhof, in dem auch Ausstellungen gezeigt werden und Kammermusik aufgeführt wird.

Das Repertoire des Orchesters ist weit gefächert – auf dem Programm stehen Werke von Mozart, Beethoven, russischen Komponisten, ostdeutschen Tonsetzern wie Nicolai, Besch oder E.T.A. Hoffmann, aber auch von zeitgenössischen Komponisten wie zum Beispiel Siegfried Matthus, Kulturpreisträger des Jahres 1997. Gespielt werden auch Musicals wie "My Fair Lady" oder die "Dreigroschenoper". Oft tritt man auch gemeinsam mit dem Königsberger Kammerchor auf, der gerade von einer Deutschlandtournee zurückkehrte.

Besonders am Herzen liegt Arkadij Feldmann aber eine Komposition von seinem Freund und Lehrer Arnold Brening aus Saratow, die er eigens für das Königsberger Orchester schrieb und die auch auf den Gastspielen in Deutschland zu hören sein wird: Sinfonie Nr. 9 "Aus der Geschichte der Kirche", gewidmet dem Königsberger Dom. In einer Kritik las man 1996: "Der Klang von Brenings Sinfonie im Dom erschütterte mit seinem mächtigen, strengen Stil, mit seiner Leidenschaftlichkeit und Ehrlichkeit. ... Symbolisch: Der Klang von Chor und Orchester vereinigte sich während des Konzerts mit dem Schlag der Kirchturmuhr."

Überhaupt fühlt sich Feldman seinen Lehrern tief verbunden: "Ich hatte selbst sehr viele Schüler, und alles, was die Älteren mir übergeben haben, versuche ich meinerseits an meine Schüler weiterzugeben." Viel verdankt er Arnold Brening: "Wenn er nicht gewesen wäre, hätte ich wohl als  Akkordeonist geendet. Aber ich hatte mich entschieden, auf dem Konservatorium in die Abteilung Komposition zu wechseln. Ich habe es kein einziges Mal bereut."

Mir ist niemals etwas leicht gefallen", so Feldman, dem für seine Verdienste der Titel "Verdienter Künstler Rußlands" verliehen wurde. "Wenn es einmal leicht fällt, dann ist auch meistens das Ergebnis ein leichtgewichtiges."

Pläne hat der agile Mann aus der Ukraine, der seit 1986 mit seiner Familie wieder in Königsberg lebt, noch viele. Gern arbeitet er auch für Kinder – Kinderballett oder Kinderopern werden aufgeführt. Geplant ist sogar eine eigens komponierte Rockoper für junge Leute. "Ich bin von Natur aus ein enthusiastischer Mensch", sagt Arkadij Feldman, "ich kann nichts halbherzig machen. Und ob mir ein Ergebnis gelingt, entscheidet der Zuschauer." Wenn Probleme auftauchen, hat er eine Devise: "Augen zu und durch. Immer vorwärts. Nicht schlapp machen." – Schlapp macht der Komponist und Dirigent noch lange nicht, das jedenfalls hoffen seine Freunde.

Wer Arkadij Feldman und das Staatliche Symphonieorchester Kaliningrad/Königsberg auf der Bühne erleben möchte, hat dazu Gelegenheit am 12. September, 17 Uhr, in der Duisburger Salvatorkirche Burgplatz (Vorbestellungen: L. Grimoni, Josef-Kiefer-Straße 4, Tel. 02 03/ 2 48 81, Fax 02 03/2 73 81; Vorverkauf: Stadtinformation Duisburg, Königstraße 53; Abendkasse Salvatorkirche ab 16 Uhr), am 13. September, 19 Uhr, Johanniskirche, Zanderstraße 51, Bad Godesberg (Vorbestellungen: Barbara Becker, Rüngsdorfer Straße 23, Tel. 02 28/35 17 00; Abendkasse ab 18 Uhr) und am 14. September, 19  Uhr,  Rudolf-Steiner-Schule, Rahlstedter Weg 60, Hamburg-Rahlstedt (Vorverkauf; Theaterkasse Central, G.-Hauptmann-Platz, Tel. 0 40/32 43 12/33 71 24, oder Atlas-Reisen EKZ-Farmsen, Tel. 0 40/6 54 56 70; Abendkasse ab 18 Uhr). Der Eintritt kostet in allen drei Städten 20 DM, Schüler/Studenten 10 DM.

 

 
     
     
 
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