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Der Aufbau der Wirtschaft in den neuen Bundesländern wird nach Ansicht des sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (60, CDU) noch weitere 15 Jahre in Anspruch nehmen. In einem Exklusiv-Interview mit der Freiheits-Depesche äußert sich der sächsische Landesvater zu den Themen wirtschaftliche Entwicklung, Gleichheit der Lebensverhältnisse in Ost und West sowie zu den heutigen ökonomischen wie politischen Folgen des Umgangs mit der Vergangenheit.
Milbradt, der am 22. Mai auf dem Deutschlandtreffen der Ostdeutschland reden wird, zieht eine erfolgreiche Zwischenbilanz der Entwicklung Sachsens. Die ersten 15 Jahre wertet der geborene Sauerländer als erste Etappe eines erstaunlichen Prozesses. Als studierter Volkswirtschaftler und aus der Wirtschaft kommender Politiker wisse er, wieviel Zeit der Aufbauprozeß in Anspruch nehme. Oft werde vor lauter Ungeduld oder aus Enttäuschung über die Fehler das Erreichte aus den Augen verloren, so Milbradt. Die große Herausforderung wird laut Milbradt die Entwicklung der peripheren Regionen östlich der Elbe wie der Uckermark sein, denen man auch eine Perspektive bieten müsse. Das Ende des Solidarpaktes 2020 sieht er als realistischen Schlußpunkt des Entwicklungsprozesses Ost an.
Zu vieles, das mit der Wiedervereinigung nur sehr am Rande zu tun habe, werde jedoch nach wie vor diesem Prozeß zugeordnet: "Daß wir in Deutschland, speziell in Westdeutschland, in den letzten 15, 20 Jahren wirtschaftlich nicht mehr die Dynamik hatten wie in Westdeutschland in den 50er und 60er Jahren", werde zu Unrecht der Finanzierung der deutschen Einheit angelastet.
Als besonderen Fehler bezeichnet der ehemalige Professor für Wirtschaftswissenschaften den Umgang mit den in der DDR Enteigneten. Noch heute spielten die Folgen der Enteignungen "eine große Rolle", so Milbradt. Immerhin sei es der Mittelstand, auf dem gerade in Sachsen der Erfolg beruhe. "Der Mittelstand steht auch immer auf den Schultern seiner Vorfahren - diese Tradition ist unterbrochen worden", sagte er mit Blick auf die noch immer von den Enteignungen Betroffenen. Vor allem den verbliebenen Resten dieser mittelständischen Tradition als Basis für Neues sei das verhältnismäßig gute Abschneiden Sachsens zu verdanken. Es sei die ökonomische Prägung aus der Vergangenheit, die es leichter mache, so der Wahl-Dresdner.
"Ernste Sorgen" mache er sich aber vor allem "angesichts der dramatischen Bevölkerungsstruktur - gerade auch in Sachsen", so Milbradt.
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