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Die heute in Kattowitz und Umgebung lebenden Polen haben im Dezember 1999 mit großer Mehrheit Wojciech Korfanty zum "Oberschlesier des Jahrhunderts" gewählt. Korfanty ist besonders durch den von ihm geleiteten Angriff auf Oberschlesien 1921 bekannt geworden, er war einer der militantesten Anführer des polnischen Nationalismus gewesen. Aufgerufen zu dem Wettbewerb hatte die in Kattowitz erscheinende Regionalausgabe der größten polnischen Zeitung "Gazeta Wyborcza ".
Korfanty (20. April 1873 17. August 1939) war 1922/23 Ministerpräsident und gilt den Polen als der Befreier Oberschlesiens von preußisch-deutscher Herrschaft natürlich war seine "Befreiung" auch stets verbunden mit der "Befreiung" von der Anwesenheit der Deutschen. Dabei begann die politische Karriere von Korfanty zunächst ganz woanders in Berlin. Er war von 1903 bis 1912 und 1918 Mitglied des Reichstages. Sein politisches Mandat nutzte er aber nicht zur Integration Oberschlesiens in das Deutsche Reich, sondern er wartete auf die Stunde des Aufstandes.
Daß der Wettbewerb von dem Scharfmacher Korfanty gewonnen wurde und nicht von einer anderen Persönlichkeit, wird jene Deutsche und Polen enttäuschen, die ernsthaft an einer Versöhnung interessiert sind. Die Parallelen zur Wahl des polnischen Offiziers Piotr Zaremba zum "Stettiner des Jahrhunderts" sind nicht zu übersehen. Auch dort hatte die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" zu einem Wettbewerb aufgerufen. In Oberschlesien gewinnt Korfanty, in Stettin Zaremba, der die Stadt 1945 annektierte und die deutschen Zivilisten brutal aus der Stadt warf. Schaut man sich aber die Wahlergebnisse genauer an, dann muß man ja voller Bitternis sagen, daß man in Stettin im Vergleich zu Kattowitz noch moderat abgestimmt hat.
Denn in der Oderstadt belegte Hermann Haken, der von 1878 bis 1907 Oberbürgermeister war, Platz zwei, und Dritter wurde Friedrich Ackermann, der Stettin von 1907 bis 1931 vorstand. Unter die ersten zehn kam auch der stadtbildprägende Architekt Wilhelm Meyer-Schwartau.
Ganz anders in Oberschlesien. Unter den ersten zehn Persönlichkeiten befinden sich Jerzy Zientek, Kattowitzer Wojewode in der Nachkriegszeit, der Regisseur und Filmemacher Kazimierz Kutz, der Sänger Jan Kiepura, der prononciert antideutsch wirkende Kardinal August Hlond, Michal Grazynski, autokratisch, antideutsch regierender Wojewode in Oberschlesien von 1926 bis 1939 und Edward Gierek, kommunistischer Parteichef von 1970 bis 1980. Erzbischof Alfons Nossol aus Oppeln landet weit abgeschlagen auf Platz 25. Der gegenwärtige Ministerpräsident Jerzy Buzek belegt immerhin noch Platz 20.
Der deutsche Sejm-Abgeordnete Heinrich Kroll belegt gemeinsam mit dem bekannten Zoologen Bernhard Grzimek Platz 110. A. Kessler
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