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Während die Wiener Schüler bereits am 1. Juli in die Ferien gingen, machen Politiker munter weiter - mit ordentlichen Portionen an Populismus, Polemik und Beschwichtigungsakrobatik. Auffällig dabei: Die Themen sind vorwiegend vom Ausland vorgegeben.
So etwa geht es um den neugewählten iranischen Staatspräsidenten Ahmadinedschad, der von einem grünen Abgeordneten beschuldigt wird, Mittäter der "Wiener Kurdenmorde" gewesen zu sein. Drei iranische Kurdenführer waren 1989 liquidiert worden - vermutlich vom iranischen Geheimdienst. Die Verdächtigten konnten unter seltsamen Umständen ausreisen, die Verantwortlichen der damaligen rot-schwarzen Regierung beharren allerdings bis heute darauf, daß der Iran keinen Druck ausgeübt habe.
Wie auch immer, es standen und stehen wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel. Und auch diesmal wurde Österreichs Botschafter ins Teheraner Außenministerium zitiert. In Wien bestreiten Justiz- und Außenministerium, daß gegen Ahmadinedschad ermittelt werde - laut Völkerrecht könne man gegen ein fremdes Staatsoberhaupt gar nicht vorgehen. Die Polizei hat jedoch bereits mit einem Zeugen in Frankreich Kontakt aufgenommen. Der Diplomatie dürfte also einiges ins Haus stehen.
Am 7. Juli wurde Österreich vom Europäischen Gerichtshof verurteilt, weil es bisher nur jene Ausländer als Studenten akzeptierte, die auch in ihrer Heimat hätten studieren dürfen. Das Verdikt der im Antidiskriminierungswahn schwelgenden "Europäer" war erwartet worden, und so konnte das Parlament bereits am nächsten Tag eine Neuregelung beschließen: Unis dürfen nun für bestimmte Fächer Zugangsbeschränkungen verhängen. Welche, bleibt ihnen überlassen. Es geht primär um das Medizinstudium, bei dem ein Ansturm deutscher Numerus-Clausus-Flüchtlinge zu erwarten ist.
Schon in der Nacht vor Beginn der Inskriptionen am 4. Juli standen lange Schlangen vor den Schaltern. Diskriminiert sind nun jene Österreicher, die zu spät kamen oder beim Zulassungsverfahren einem Ausländer Platz machen müssen. Und der Steuerzahler wird vermehrt ausländische Studenten subventionieren. Dafür können Privatuniversitäten mit zusätzlichem Geschäft rechnen.
Ebenfalls am 7. Juli wurde das neue Fremdengesetz verabschiedet, das de facto von ÖVP und SPÖ ausgehandelt wurde. Die Grünen stimmten dagegen, weil es zu streng sei. Heftig kritisiert wird das Gesetz aber auch von FPÖ-Chef Strache wegen erleichterter Arbeitsgenehmigungen im Zusammenhang mit Familienzusammenführung und Asylverfahren. Daß Österreich ein "Asylantenparadies" ist, zeigt sich an den Zahlen: 2004 wurden 5.136 von 24.634 Asylanträgen bewilligt, in Deutschland nur 960 von 35.607.
Heftige Kontroversen um verschärfte Abschiebehaftbestimmungen gab es innerhalb der SPÖ. Die Haltung von SPÖ-Chef Gusenbauer sieht fast wie eine Vorleistung auf die "große Koalition" aus. Darüber, ob jetzt auch die Zwangsernährung hungerstreikender Asylwerber erlaubt ist, gehen allerdings die Meinungen von ÖVP/BZÖ und SPÖ/Grünen auseinander - alle wollen der eigenen Klientel einen "Sieg" vormachen. Im Vorjahr gelang es 1.072 Schubhäftlingen, sich durch Hungerstreik freizupressen und unterzutauchen.
Beschlossen wurde auch eine Änderung des "Opferfürsorgegesetzes", das in der endgültigen Fassung ebenfalls Gummiparagraphen enthält. So können nun "Trümmerfrauen" auf Antrag 300 Euro erhalten - sofern "ihr Verhalten nicht mit den Gedanken und Zielen eines freien, demokratischen Österreich unvereinbar war". Einmalzahlungen von 500 bis 1.000 Euro gibt es auch für in der NS-Zeit verfolgte Homosexuelle und Asoziale sowie für "Widerstandskämpfer" - ein bisher schon sehr dehnbarer Begriff. Obwohl laut Regierung nun "nochmals klargestellt" wurde, daß in der NS-Zeit gefällte Urteile nichtig sind, lehnten SPÖ und Grüne das Gesetz ab, weil Wehrmachtsdeserteure nicht ausdrücklich erwähnt werden. Diese "Sorge" um Deserteure ist sogar irgendwie konsequent, denn nach der heutigen Gesetzeslage ist Desertion für einen Rekruten die sicherste Methode, einen Krieg unbeschadet zu überleben.
Als Erfolg meldet das Innenministerium einen leichten Rückgang der Kriminalität und eine Erhöhung der Aufklärungsquote. Gleich vorbeugend wird dementiert, daß dies auf "Anzeigemüdigkeit" der Bürger zurückzuführen sei. Skepsis bleibt allerdings berechtigt, um so mehr als sich die Zahlen von 1975 bis 2004 mehr als verdoppelt hatten.
Bemerkenswert ist schließlich noch die Kritik von Bundeskanzler Schüssel an "Hedge Fonds": Denn im Kern sind dieselben Auswüchse gemeint, die kürzlich von Müntefering - und immer schon von "Verschwörungstheoretikern" angeprangert wurden. Prof. Dr. Küssner |
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