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Iranische Revolution in Berlin

 
     
 
Was würde wohl passieren, wenn die Bundesregierung Oliver Kahn ermorden lassen würde? Ein solcher Gedanke ist so unvorstellbar, daß sich über die Folgen nur wild spekulieren läßt.

Im Iran ist dies so geschehen. Für die Gegner des Mullah-Regimes ist das der endgültige Beweis für die Verderbtheit der Machthaber in Teheran. In Berlin haben sie zu einer Pressekonferenz eingeladen, in deren Mittelpunkt drei ehemalige Spieler der iranischen
Nationalmannschaft standen: Asghar Adibi, Hassan Nayeb-Agha und Bahram Mavadat.

Adibi war siebenfacher Meister des iranischen Fußballpokals und hat an den Asienspielen 1970 in Thailand teilgenommen. Jetzt sitzt er vor 20 Hauptstadt-Journalisten und erinnert an den Kapitän seiner Nationalmannschaft: "Er wurde vom Regime hingerichtet."

Nayeb-Agha bestärkt seinen Landsmann in seiner Kritik an den "Revolutionsführern". Der Teilnehmer an der WM von 1978 in Argentinien sagt auf Englisch: "Es gibt keine Regierung auf dieser Welt, die größere Verbrechen an ihren eigenen Sportlern begangen hat - und das wegen ihrer politischen Überzeugungen."

Er hält das Bild einer lächelnden jungen Frau hoch. Sie trägt das gelbe Hemd ihrer Mannschaft. Sie mußte kein Kopftuch tragen und durfte sich Spiele im Stadion ansehen. Es ist - unverkennbar - ein Bild aus der Zeit vor der Islamischen Revolution von 1979. Auch diese Volleyballspielerin wurde ermordet. Agha stellt weitere Spitzensportler vor, die aus politischen Gründen liquidiert worden sind. So wie Tausende, die dem Regime zum Opfer gefallen sind.

Die Pressekonferenz hat eine berüchtigte iranische Gruppe namens "Iranischer Widerstandsrat" organisiert, der in ihrem Heimatland Terrorangriffe nachgesagt werden und die hierzulande im Visier des Verfassungsschutzes steht. Der "Widerstandsrat" ist laut Verfassungsschutz die "Frontorganisation" der sogenannten Volksmudschahedin. In ihrer Radikalität stehen sie den Mullahs im Iran in nichts nach, aber sie verfolgen andere - wohl auch marxistische - Ziele. Vor dem Ende des ersten Golfkrieges 1988 bildeten sie eine Art militärische Hilfstruppe Saddam Husseins im Kampf gegen seinen Nachbarstaat Iran.

Das Anliegen dieser Gegner der Teheraner Machthaber ist klar: Sie wollen verhindern, daß die Mullahs die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland zu Propagandazwecken nutzen.

In etwas mehr als einem Monat wird die "Welt zu Gast bei Freunden" sein. Die Bundesregierung ist an einem ruhigen und reibungslosen Ablauf interessiert. Deswegen haben deutsche Sicherheitsbehörden mit der Teheraner Führung stetigen Kontakt.

Staatssekretär August Hanning hat sogar eine "Sicherheitsvereinbarung" mit seinem Teheraner Kollegen abgeschlossen. Beide Seiten sind ebenso hinsichtlich eines Informationsaustausches übereingekommen wie in Hinblick auf die Einschränkung der iranischen Opposition in Deutschland.

Eine iranische Nachrichtenagentur hat hinterher über die Mullah-Gegner in Deutschland folgendes gemeldet: "Diese Gruppen werden Unsicherheit schaffen, und die Bundesregierung sieht vor, gegen diese vorzugehen, und natürlich ist für die Bekämpfung dieser Anstifter der Unsicherheit eine Zusammenarbeit beider Länder im Informationsaustausch notwendig."

Die größte Sorge der Iraner ist, daß Ahmadinedjad als Besucher nach Deutschland kommt und diesen Besuch als politischen Erfolg ausschlachten könnte. Die Widerständler erinnerten in diesem Zusammenhang an den weltweiten Prestigegewinn Hitlers und der Nazis durch die Olympischen Spiele 1936. Der Kurztrip des iranischen Präsidenten wird angeblich derzeit im Bundesinnenministerium vorbereitet.

Die ganze Situation erinnert stark an 1967, als der Besuch des Schahs gewalttätige Demonstrationen hervorgerufen hatte. Auch damals kam der iranische Herrscher als Staatsgast, gegen den viele seiner Landsleute demonstrierten. Bei einer der gewalttätigen Anti-Schah-Demos wurde der deutsche Student Benno Ohnesorg erschossen - ein albtraumhaftes Erlebnis für die 68er Generation. Ohnesorgs Tod gab der gerade entstehenden Apo zusätzlichen Schwung.

In dieses Bild einer heraufziehenden Konfliktsituation paßt insbesondere auch die Benennung des neuen iranischen Botschafters. Zwei Tage vor der Pressekonferenz ist Akhondzadeh Basti beim Bundespräsidenten gewesen und hat ihm die Akkreditierungsunterlagen Ahmadinedjads vorbeigebracht. "Seine Exzellenz" (Diplomatensprache) residiert in der Podbielskiallee, einer ruhigen Gegend in Dahlem.

Wenn seine Nachbarn wüßten, wer genau der 47jährige ist, könnte es in dem beschaulichen Stadtteil schnell ungemütlich werden. Basti soll 1990 an der Ermordung eines iranischen Regime-Gegners in der Schweiz beteiligt gewesen sein. Vor neun Jahren (!) wurde in der Schweiz Haftbefehl gegen Täter und Drahtzieher des Mordes an Kazem Radjavi erlassen. Gleich als erster Name auf der Liste erscheint der ranghöchste iranische Diplomant in Deutschland: Akhondzadeh Basti.

Die iranische Botschaft verwies bei der Nachfrage bezüglich dieses Haftbefehls auf die Beobachtung der Gruppe durch den Verfassungsschutz und ihre Nähe zu Terroristen. Zum Haftbefehl wollte er sich nur schriftlich äußern.

Arme Verfolgte oder auch nicht ganz harmlos?

Dem "Iranischen Widerstandsrat" werden in seinem Heimatland Terrorangriffe zugeschrieben. In Berlin gab sich die Gruppe als Opfer und prangerte die Regierung Ahmadinedjad an. Unter anderem bezichtigten sie den neuen iranischen Botschafter in Berlin, an der Ermordung eines Regime-Gegners beteiligt gewesen zu sein.

 
     
     
 
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