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Während in Prag noch die Stimmen ausgezählt wurden, blickte 300 Kilometer westlich Bayerns Ministerpräsident Stoiber schon mal hoffnungsvoll in die Zukunft: Auf dem Pfingsttreffen der Sudetendeutschen in Nürnberg wiederholte er sein Angebot eines umfassenden Dialogs und verband damit die Erwartung, eine neue tschechische Regierung werde gesprächsbereit sein.
Die Probleme zwischen Deutschen und Tschechen, so Stoiber weiter, dürften "nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden". Auch die Benesch-Dekrete müßten Thema eines "runden Tisches" sein. Der Vorsitzende der Sudetendeutschen Freundeskreis, Posselt, setzte sich ebenfalls für "gute Nachbarschaft" ein. Beobachtern fiel auf, daß er die Benesch-Dekrete nicht erwähnte.
Ob aber die "neuen Töne" aus Prag in den erhofften Dialog einmünden, ist offen. Die Parlamentswahlen brachten zwar der bislang oppositionellen konservativen ODS den Auftrag zur Regierungsbildung. Summiert man jedoch die Mandate der jeweils in Frage kommenden Koalitionspartner, ergibt sich ein Patt. So ist nicht auszuschließen, daß die Partei der Ewiggestrigen, also die Kommunisten, durch die Hintertür der Duldung einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung doch wieder Einfluß auf die Prager Politik gewinnt. Auf einen wirklich offenen Dialog werden Stoiber und die Sudetendeutschen dann wohl noch etwas warten müssen. Juliane Meier |
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