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Der Eiertanz um die Benesch-Dekrete

 
     
 
Die Tschechische Republik (CR) hat es nicht leicht mit ihrem Publikum, wenn ihr Hauptakteur Zeman nun ein Einlenken bei den Benesch-Dekreten wieder dementiert. Prags Nachbarn, mit Ausnahme vielleicht Deutschlands und der Europäischen Union, zeigen sich ungehalten und vermeiden jedwede Sympathiekundgebung
. Der polnische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski stellte in einem Interview mit einer großen deutschen Zeitung die politischen Entscheidungen Beneschs mit jenen Hitlers auf eine Stufe. Ungarns führende Politiker Orban und Martonyi fordern die Aufhebung der Benesch-Dekrete als Junktim im Rahmen der EU-Osterweiterung. In Österreich ist die Forderung nach Aufhebung der Benesch-Dekrete immerhin wie- derholter Bestandteil des ÖVP-FPÖ-Koalitionsvertrages.

Die Stümpereien der tschechischen Akteure nehmen zu. Dennoch, es ist kein Abgang in Sicht. Warum auch? Von den Emporen wird Mut zugesprochen. Denn die Brüsseler EU-Kommission strebt, offensichtlich zu jeder Bedingung, die Osterweiterung der EU an und übt sich in Beschwichtigung und Relativierung. Immerhin hat das Europäische Parlament den Willen nach Überprüfung einiger (sic!) Benesch-Dekrete bekundet. Auch in Berlin bemühen sich alle Fraktionen um verhaltenes Wohlwollen. Bundestagsvizepräsidentin Antje Voll- mer beobachtet, durchaus freundlich gestimmt, das Stück. Über den Hauptdarsteller des laufenden Aktes, Ministerpräsident Zeman, flüstert die intellektuell überforderte Vollmer dem daran desinteressierten Kritiker leise zu: "Er ist nicht frei von Eitelkeit". Selbst Kanzlerkandidat Edmund Stoiber, ein sonst eher unbestechlicher Kritiker, ist fast unmerklich dazu übergegangen, die Aufhebung der Unrechtsdekrete nicht mehr als conditio sine qua non zu fordern, obgleich auf dem Prager Podium die Benesch-Dekrete lauthals zu einem Sakrileg erklärt worden sind und die Kluft zwischen Recht und Unrecht tiefer denn je ist. Je näher der nächstmögliche Beitrittstermin als großes Finale rückt, desto unkritischer wird der Blick beim politischen Publikum westlich der CR. Im Finale sollten die Hauptakteure eigentlich die rassistischen Dekrete feierlich verbrennen und mutig sich der Gerechtigkeit verschwören. So fordert es jedenfalls der gute Geschmack. Es wird, so sieht es derzeit zumindest aus, anders kommen. Das "Böse" wird mit der Fortexistenz der Beneschdekrete in einer erweiterten EU völlig sinnlos siegen und jede Rechts- und Werteordnung von innen heraus für alle Zukunft zersetzen. Und am Ende wird das Publikum der vermeintlichen Kunst auch noch Applaus zollen.

Solch traurige Kasperletheater, denn nichts weiter ist das Stück, führen auf Dauer zur politischen Insolvenz. Neues Publikum erreicht man damit jedenfalls nicht. Im Gegenteil, wer bereits sein Eintrittsgeld bezahlt hat, der könnte (und sollte) es sogar zurückverlangen. Vielleicht wäre es doch besser, das Drama "EU-Osterweiterung" bis auf weiteres abzusetzen und das Passionsspiel "Europäische Rechts- und Werteordnung" erneut - und vor allem gewissenhaft - einzustudieren. Allein dies würde tatsächlich Beifall verdienen. Und im übrigen: Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben!
 
     
     
 
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