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Einen überraschenden Kurswechsel vollzog jetzt der CSU-Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk: Nachdem er jahrelang während der Kanzlerschaft Kohls zu der Frage, ob die Deutschen die EU-Osterweiterung mit dem Eigentumsvorbehalt der deutschen Heimatvertriebenen verbinden sollten, geschwiegen hatte, übt er jetzt in einer Erklärung genau wegen dieses "Nicht-Engagement s" Kritik an der neuen rot-grünen Bundesregierung.
Dabei geht es um die Forderung nach Rückgabe der Grundstücke und sonstiger Vermögenswerte im Bereich der von Polen und der Tschechei verwalteten deutschen Gebiete an ihre Eigentümer die zumeist Deutsche sind. Die Frage ist insbesondere außenpolitischer Natur, nämlich ob man diese Rückgabe-Forderung verbinden soll mit der Zustimmung der Deutschen zur Osterweiterung der Europäischen Union. Der Bund der Vertriebenen (BdV) setzt sich in Übereinstimmung mit völkerrechtlichen Regelungen für einen solchen Zusammenhang ein; die BdV-Präsidentin Erika Steinbach hat die Linie ihres Verbandes bislang vertreten, obwohl sie dafür heftige Kritik erntete.
Koschyk klagte nun Anfang Februar darüber, daß für die rot-grüne Bundesregierung "die noch offenen Vermögensfragen, die vor allem die deutschen Heimatvertriebenen betreffen, kein Thema" darstellen. Dieser Argumentationssalto Koschyks überrascht wenig, soll er doch den schönen Anschein erwecken, gleichsam immer auf der Seite des Rechts und der entmachteten Vertriebenen zu sein. Aber dies war früher kein Thema, Schröder und Fischer verfahren da nicht anders als Kohl und Kinkel.
Nach Erkenntnissen der Bundesregierung konzentrieren sich die Auseinandersetzungen in Polen zwischen Regierung und Opposition hinsichtlich eines Gesetzentwurfes über Rückgabefragen, der am 2. September 1999 dem polnischen Parlament vorgelegt wurde, auf die Festlegung des Kreises der Anspruchsberechtigten. Die Bundesregierung hält eine abschließende Bewertung des Gesetzentwurfes daher für verfrüht. Der polnischen Regierung sei jedoch bewußt, daß dieses Thema ab Beitritt zur EU mit dem Gemeinschaftsrecht in Übereinstimmung stehen müsse. Hinter diesen diplomatischen Formulierungen verbirgt sich: Polen hat ein Gesetz beschlossen, dem zufolge die Alt-Eigentümer von Grundstücken, die im kommunistischen Nachkriegspolen enteignet worden waren, ein Vorkaufsrecht für ihre Grundstücke haben. Einigen Polen ist schließlich aufgefallen, daß man mißverständlicherweise zu den enteigneten Alt-Eigentümern auch die deutschen Vertriebenen zählen könne. Daher hat Warschau Anfang dieses Jahres das Gesetz dahingehend korrigiert, daß ein solches Vorkaufsrecht ausdrücklich nicht für Deutsche gelte, was eine rassistische Diskriminierung darstellt, die selbstverständlich nicht mit dem Recht der EU vereinbar ist. Für das deutsche Außenamt dürfte es an der Zeit sein, eine entsprechende Note vorzubereiten.
H. Nettelbeck / P. F.
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