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Hasch macht dumm - Kommunismus auch

 
     
 
Krefeld, den 12. August 2005. Nach monatelangen Ermittlungen hat die Polizei einen Ring von Haschisch-Dealern zerschlagen. Innerhalb eines halben Jahres soll die Bande mindestens zwei Tonnen Cannabis in Europa verkauft haben, hauptsächlich nach Deutschland.

Alle reden über die Ossis. Sind sie die neuen Ostfriesen, über die alle anderen gutmütige, aber grobe Witze machen? Witze, die durch ihre Übertreibung und Überspitzung deutlich als Witze zu erkennen sind und die kein Ostfriese deshalb übelnimmt oder deswegen bei der nächsten Wahl eine andere Partei wählt. Aber die Ossis sitzen auf dem Sofa
und nehmen übel. Sind, so heißt es, oft zu empfindlich, verhaltensgestört, verwahrlost, nur in einigen Regionen zwar, aber das ist ja schon schlimm genug, frustriert und rachsüchtig und wählen deshalb die PDS. Muß man wirklich dauernd auf ihre Empfindlichkeit Rücksicht nehmen und sich also sofort entschuldigen, wenn einer über sie Ossi-Witze gemacht hat wie Harald Schmidt Polenwitze? Muß sich Angela Merkel pausenlos für jeden Friesenwitz entschuldigen, den Stoiber oder Wulff gemacht haben, bevor sie nach Leer (Ostfriesland) zum Wahlkampf fährt? Sind die Ossis wirklich so? Anders gefragt: Gibt es überhaupt Ossis? Oder ist das eine Fiktion der Medien wie Faschisten, Antisemiten, Holocaust-Leugner und Rassisten? Die man meistens erfindet, um dann eine publikumswirksame Kampagne gegen sie einzuleiten. Also ein Phantom der Presse, von den Medien als Buhmann durch die Straßen gehetzt wie das Phantom der Oper. Ist ein ehemaliger Stahlarbeiter, der jetzt in Bayern Autos lackiert, ein Wessi? Eventuell sogar ein Besserwessi? Ein Minister, der aus dem Westen Deutschlands kommt, ein Ossi? Weil er in Brandenburg geboren ist? Gibt es auch Besserossis?

Mir will scheinen, daß diese Unterscheidung in Ossis und Wessis, Ostdeutsche und Westdeutsche, von denen aufgebauscht und künstlich am Leben erhalten wird, die mit der deutschen Wiedervereinigung nie viel am Hut hatten, noch nie gern die deutsche Nationalhymne mitgesungen oder verzweifelt weggeguckt haben, wenn die deutsche Flagge aufgezogen wird, wie einige bekannte Fußballprofis. Doch das ist die Ausnahme. Meist waren es SPD-Politiker wie Lafontaine oder Schriftsteller wie Grass, die sich nie über die Wiedervereinigung freuen konnten, die sie bekämpft oder miesgemacht hatten, so lange es irgend ging. Weil sie nämlich glaubten, die Teilung sei endgültig und eigentlich eine Strafe für Hitler.

Apropos Hitler. Da kommt eine nur auf den ersten Blick erstaunliche Nachricht aus Sachsen: Die Jugend-organisation der Kommunisten - dreimal umbenannt und doch wiedererkannt - zur Zeit mit dem Namen "Linkspartei", will in Sachsen "Zehntausende junge Wähler zurückholen", die sie bei der sächsischen Landtagswahl an die NPD verloren hat. So fordert sie in einer eigenen Veranstaltungsreihe zur Bundestagswahl, die Freigabe von "weichen" Drogen für alle Deutschen ab 14, mehr oder weniger verklausuliert auch aller anderen, harten Drogen. "Schöner leben mit Drogen", lautete denn auch der Wahlslogan der Jungkommunisten auf Stimmenfang, obwohl sie wußten, daß die Jungwähler der NPD lieber ganze Kisten Bier an einem Abend herunterkippen als sich mit Haschisch zu "sensibilisieren". Spottete die gute alte Tante FAZ, daß vielleicht der Slogan "Schöner leben mit dem Führer! Für einen nationalen Sozialismus moderner Art" das angepeilte Publikum besser erreicht hätte, daß aber auch diese Idee den Jungkommunisten, denen offenbar jedes Mittel recht sei, noch kommen könnte. Das war selbst für die Hartgesottenen zu viel. Vergebens wandte die jugendpolitische Sprecherin der PDS ein, daß es sich bei der Drogenfreigabe um ein wichtiges Thema für Jugendliche handele, die von der "repressiven Ahndung durch die Staatsorgane" besonders betroffen seien, jedenfalls müsse "die Entscheidung für oder gegen alle Stoffe jedem freigestellt werden". Dachten die jungen Drogenpioniere um die Landtagsabgeordnete Julia Bonk, die für die PDS im Landtag sitzt. Doch die Partei war flexibel. Nach massiven Protesten der anderen Parteien und der Öffentlichkeit kam das Aus. Die sächsische Parteivorsitzende Cornelia Ernst der PDS/Linkspartei sagte die geplante Wahlkampftour in letzter Minute ab und gab diese Information an die Presse. Schluß mit den Joints bei der Linkspartei? Zurück zum Dosenbier? Da kennt man die Schüler Stalins und Lenins schlecht. Zwei Schritte vorwärts und einen zurück, hieß bekanntlich Lenins Losung. Erstens: Die vier geplanten Veranstaltungen finden, nach einem Gespräch der Partei mit einer Vertreterin der Parteijugend, klammheimlich doch statt, weil die Vorbereitungen schon getroffen seien. Und am Mittwoch darauf, dem 10. August, nachdem sich die Landesvorsitzende Frau Ernst gegen die Freigabe harter Drogen ausgesprochen hatte, plädierte zum erstenmal ein Spitzengenosse für die generelle Freigabe aller Drogen, der stellvertretende sächsische Landesvorsitzende Michael Leutert.

Die jetzige Kampagne für den freien Rauschgiftkonsum hat einen Vorläufer im Jugendwahlprogramm der PDS 2000. "Rausch ohne Reue" hieß damals die Bewegung, für die Petra Pau, die Vorsitzende mit der roten Punker-Frisur sich stark machte. Recht auf Rausch bleibt also auch diesmal die Forderung der PDS für die Jugend.

Was die Erben Honeckers sonst noch als Recht für Jugendliche fordern, geriet dabei nicht in den Hintergrund: das Recht auf freie sexuelle Entfaltung und - wenn dabei mal was schief geht - das Recht auf Abtreibung. Diese war schon in der DDR unumstritten und gehört neben dem Sandmann, dem Ampelmännchen, dem Rotkäppchensekt und der "Vollbeschäftigung" in unrentabel produzierenden Fabriken und Landgütern (LPGs) zu den hartnäckig verklärten Errungenschaften der DDR. Tatsächlich war, wie Nina Schulte in der letzten Ausgabe derbeschrieben hat, der Schritt von einer Abtreibung im fünften Monat zur Kindstötung nicht weit.

Während in der Bundesrepublik über den Schutz des ungeborenen Lebens heftig diskutiert wurde, war in der DDR die Abtreibung seit Beginn frei. Eine Schwangere, die sich erst im fünften Monat zur Abtreibung entschloß, durfte nicht nur in Holland, sondern auch in der DDR ihr bereits fast lebensfähiges Baby zerstückeln und dann ausschaben oder absaugen lassen. Die jungen Mädchen und Frauen unserer

Generation konnten zwischen 1955 und 1990 noch keine Ultraschallaufnahmen von ihrem bereits voll entwickelten und unter bestimmten Umständen sogar schon lebensfähiges Baby auf dem Bildschirm sehen, sonst hätten wahrscheinlich viele von ihnen die Tötung des Kindes, die vom Gesetz erst nach Vollendung der Schwangerschaft als Mord angesehen wird, nicht vorgenommen.

Ein Recht auf freie Sexualität und Abtreibung hat in der sogenannten "Arbeiterbewegung" seit jeher Tradition, aber das Recht auf Rausch? Gemeint sind sicher nicht die exzessiven Sauforgien der großen Russen Chruschtschow und Breschnew mit ihren Gästen aus der Bundesrepublik, sondern gemeint sind die kleinen minderjährigen Kiffer und Kokser auf deutschen Schulhöfen, die durch die Drogenkartelle rund um die Uhr beliefert werden, in Ost und West. Minderjährige ab 14 mit Recht auf Entfaltung. Und das nach den umfangreichen Untersuchungen von über 30 Jahren, die vor einem halben Jahr erst in dem großen Spiegel-Titel über die verheerende Wirkung der Einstiegsdroge Haschisch unwiderlegbar beschrieben wurden.

Aber das Recht auf Stimmenfang ist scheinbar das höhere Rechtsgut. Der Appell an die Jungwähler hat Ursachen. Bekanntlich haben nicht nur die Grünen im Westen, sondern auch die Kommunisten in der ehemaligen DDR keine mitglieder-

starken oder überhaupt nennenswerten Jugendorganisationen. Die Jungen bleiben den ideologielastigen Parteien, erfreulicherweise, fern. Über dieses Manko wird viel nachgedacht, von den alt gewordenen Grünen ebenso wie von den alt gebliebenen Kommunisten. Eine Patentlösung gibt es nicht, aber Parteinachwuchs muß her, auf Deubel komm raus. Wer will es da den PDS-Funktionären in Sachsen (sie sind im wahrsten Sinne des Wortes Altkommunisten, ihr Durchschnittsalter liegt bei 68 Jahren) verdenken, daß sie der Jugend ihren Lauf lassen wollten und ihrem Nachwuchs die westdeutschen Linken als Vorbild empfahlen. Sprüche wie: "High sein, frei sein / Etwas Terror muß dabei sein!" und "Terror, Haschisch, Meskalin / für ein freies West-Berlin!" klingen uns noch in den Ohren (Originalton 1968). Aber die Ost-Berliner Jugendorganisation FDJ? Man weiß, was für Bauchschmerzen die sogenannten "westdeutschen Freunde" den Verantwortlichen für das "Pfingsttreffen der Jugend - und Studenten" noch 20 Jahre später bereiteten, als an dem Massenspektakel 1988 zum ersten Mal auch Jusos und andere Linke in großer Anzahl teilnahmen. Interne Schreiben warnten vor der Gefahr, "daß durch einige westdeutsche und West-Berliner Freunde Drogen wie Haschisch in die Hauptstadt der DDR eingeführt werden könnten". Die staatlichen Organe wurden also zu äußerster Wachsamkeit aufgefordert, hatten das verführerische "Hattu Haschisch inne Taschen, hattu immer was zu naschen!" keine Chance mehr. Schon vor dem Fall der Mauer waren Ost-Berlin, Leipzig und andere Großstädte an das Versorgungsnetz der Rauschgift-Mafia angeschlossen. Bald rauchte auch das kleinste Dorf. Wer die Jugend hat, hat die Zukunft, sagten sich auch die Dealer. Auch die Dealer des Kommunismus kennen keine Hemmungen mehr bei der Ausbreitung ihres Stoffs. Verantwortungslos oder nur dumm? Selber zu viele Pillen eingeworfen oder zuviel Karl Marx? Macht Haschisch dumm? Oder ist es der Kommunismus?

Der Autor damals Herausgeber von konkret, schockierte die Linken 1970 mit dem Artikel "Hasch macht dumm!" und organisierte 1972 den ersten "Anti-Drogenkongreß" in der Bundesrepublik unter dem Titel "Sucht ist Flucht" im Audimax der Universität Hamburg. An ihm nahmen 2.000 Vertreter aus allen linken Lagern teil, die den Konsum von Haschisch und allen anderen Drogen verurteilten. Bei einigen K-Parteien wurde Drogenkonsum sogar unvereinbar mit der Mitgliedschaft.
 
     
     
 
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