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Sie war 23 Jahre alt, als sie den Arzt Karl Kollwitz heiratete und mit ihm in Berlin eine Wohnung in der Weißenburger Straße bezog. Dort im Stadtteil Prenzlauer Berg lebte und arbeitete sie mehr als ein halbes Jahrhundert. Die Menschen dieses Arbeiterviertels waren ihre "Modelle", sie machte die Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz mit ihren Werken unsterblich.
Längst trägt die Weißenburger Straße den Namen der großen Künstlerin aus Königsberg. Doch erst seit kurzem kennzeichnet eine Gedenktafel die Stelle, wo das Haus stand, in dem Käthe und Karl Kollwitz lebten. Anwohner und das Berliner Käthe-Kollwitz-Museum hatten sich unermüdlich eingesetzt und erreicht, daß am Haus Kollwitzstraße Nr. 56 A, der ehemaligen Weißenburger Straße 25, eine große Tafel an die beiden Menschen erinnert. Neben biographischen Informationen ist auch der bekannte Ausspruch der Kollwitz - "Ich bin einverstanden damit, daß meine Kunst Zwecke hat. Ich will wirken in dieser Zeit, in der die Menschen so ratlos und hilfsbedürftig sind" - auf der Tafel zu lesen. Von Königsberg, dem Geburtsort der Künstlerin (*8. Juli 1867), allerdings ist keine Rede. Schade.
Anders in dem jetzt vom Berliner Käthe-Kollwitz-Museum aus Anlaß des 60. Todestages der Künstlerin am 22. April herausgegebenen Band mit dem Titel "Hommage an Käthe Kollwitz" (Hrsg. Martin Fritsch bei E.A. Seemann, Leipzig, zweisprachig deutsch / englisch, 144 Seiten, zahlr. Abb., gebunden, 19,90 Euro). Schade allerdings hier, daß aus dem Arzt Karl Kollwitz in der Übersetzung ein Physiker wurde (physician = Arzt, physicist = Physiker).
Den Kollwitz-Freund allerdings wird eine Auswahl bisher unveröffentlichter Briefe der Künstlerin erfreuen, die teils faksimiliert, teils in Reinschrift aufgenommen wurden. Viele der in dem Band publizierten Werke der Kollwitz gehören seit langem zum Bestand des Museums oder sind als Dauerleihgaben Glanzpunkte der ständigen Ausstellung. Vorrang hatten bei der Auswahl Blätter, die sich mit dem Thema Gewalt auseinandersetzen. Ergänzend wurden neben die Abbildung meist auch zeitgenössische Zeugnisse gestellt, so daß man sich ohne weiteres einfühlen kann in die Umstände, unter denen die Arbeiten entstanden. Nicht zuletzt die Reihe der Selbstbildnisse, die eine kritisch und aufmerksam blickende Frau zeigen, erzählen von dem Ringen der Künstlerin um Wahrheit, um Authenzität. Beim Betrachten der einzelnen Blätter fällt auch dem ungeübten Beobachter auf, wie
aktuell, wie beeindruckend die Arbeiten noch heute sind. Not und Leid, Krieg und Sterben gibt es - leider - auch heute noch, wenn auch nicht immer vor der eigenen Haustür, so doch in vielen Teilen der Welt. "Ich bin sicher", so der Enkel Arne Andreas Kollwitz im Geleitwort zu dem vorliegenden Buch, "daß auch nachwachsende Generationen die Authenzität des Menschen Käthe Kollwitz und die Ausstrahlung der Werke dieser großen Künstlerin wahrnehmen werden!
Käthe Kollwitz: Nie wieder Krieg (Lithographie, 1924) Foto: Käthe-Kollwitz-Museum Berlin |
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