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Schnitzen hat Zukunft

 
     
 
Im ausgehenden Barockzeitalter war es Graf Franz I. zu Erbach-Erbach (1754–1823), der einen neuen Werkstoff ins hessische Erbach brachte und so den dort ansässigen Handwerkern ein gutes Einkommen ermöglichte. Kostbares Elfenbein wurde zunächst zu Ziergeräten wie kleine Leuchter, Schalen, Dosen und Schmuckkästchen verarbeitet. Auch der rührige Graf, der sich in der Kunst des Drechselns und Schnitzens hatte unterweisen lassen, fertigte so kunstvolle Elfenbeindosen und Schildpatteinlagen an, daß die Meister ihn zu ihrem Obermeister ernannten.

Die Stadt im Odenwald entwickelte sich bald zu einem Zentrum der europäischen Elfenbeinschnitzerei. Kein Wunder, daß dort 1966 das Deutsche Elfenbeinmuseum mit exquisiten Expo
naten gegründet wurde.

"Geschichten in Elfenbein" ist der Titel einer Ausstellung, die noch bis zum 7. Januar 2001 im Deutschen Elfenbeinmuseum zu sehen ist (täglich 10 bis 17 Uhr, November bis Februar Montag geschlossen). Gezeigt werden mehr als 2000 Kunstwerke, darunter wahre Meisterwerke der Elfenbeinkunst. Ausführliche Hintergrundinformationen erläutern Techniken und Vorbilder der Objekte. Oftmals wurden berühmte Grafiken, darunter solche von Albrecht Dürer, von den Schnitzern in Elfenbein umgesetzt oder andere bekannte Kunstwerke kopiert, wie die Venus von Milo oder die Laokoongruppe. Die Themen reichen von Mythen der Antike über die Hochblüte der deutschen Renaissance bis zu modernen Arbeiten, in denen die Künstler Elfenbein mit Holz oder gar Gold verarbeiteten.

Die Stoßzähne von Elefanten werden seit 1989, da ein Welthandelsverbot ausgesprochen wurde, nicht mehr verarbeitet. Heute werden vielmehr Bernstein oder auch die Steinnuß, die Frucht einer Palmenart, verwendet.

Daß Schnitzen eine Zukunft hat, das wird man auch gewahr, besucht man die neue Abteilung des Museums, in der die Berufsfachschule für Holz und Elfenbein vorgestellt wird. Diese weltweit einzige Schule wurde 1892 gegründet und beherbergt Werkstätten für Elfenbeinschnitzer, Holzbildhauer, Drechsler und Schreiner. War es anfangs wichtig, nach historischen Vorlagen arbeiten zu können, wird heute besonderer Wert auf eigene Entwürfe gelegt. Die ständige Ausstellung macht auch mit Lehrern wie Leo Weismantel (1888–1964), der von 1929 bis 1934 in Erbach lehrte, oder Jan Holschuh, geboren 1909, bekannt, der von 1950 bis 1978 geradezu Generationen von Elfenbeinschnitzern unterrichtete. Holschuh hatte selbst einst die Fachschule für Elfenbein besucht, bevor er 1927 nach Königsberg ging, um dort an der Kunst- und Gewerkschule seine Studien fortzusetzen. Als Leiter der Staatlichen Bernsteinmanufaktur (ab 1933) und als Lehrer an der Kunst- und Gewerkschule beschäftigte sich Holschuh zunächst hauptsächlich mit dem Gold der Ostsee. Später entstanden dann wieder viele Arbeiten aus Elfenbein. Auch davon kann man sich in Erbach überzeugen. Peter van Lohuizen

 
     
     
 
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