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Mit vier Urteilen hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) im April 1999 über grundsätzliche Fragen der Überleitung der Versorgungssysteme der ehemaligen DDR in die gesetzliche Rentenversicherung entschieden. Der Deutsche Bundestag hatte die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes umzusetzen. Es handelt sich um Verbesserungen für die Bezieher von Rentenleistungen aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der DDR. Soweit es sich um ehemalige Angehörige der Deutschen Reichsbahn , Deutschen Post und ähnlicher Berufe handelte, war dies auch unproblematisch. Erhebliche Gerechtigkeitsprobleme gab es aber bei den Renten der ehemaligen Angehörigen des Sonderversorgungssystems des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und anderer systemnaher Beschäftigter. Hier wurde die Obergrenze des zu berück-sichtigenden Arbeitsentgelts von 70 auf 100 Prozent des Durchschnittsentgeltes angehoben. Auch die neueste Entscheidung des Ersten Senates des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Juli verschärft diese Tendenz. Die Urteile des BVG haben die Maßstäbe zwischen Tätern und Opfern jetzt völlig einseitig zugunsten der Täter verändert.
Vor der Bundestagsabstimmung über die Umsetzung des BVG-Urteils erreichte die Abgeordneten des Bundestages ein Aufruf, welcher unter anderem vom SPD-Fraktionsvorsitzenden der Volkskammer Richard Schröder unterzeichnet worden ist. Darin heißt es: "In Deutschland liegt etwas schief: Menschen, die unter schwierigen Verhältnissen Zivilcourage bewiesen haben, leben in Arbeitslosigkeit und Armut. Menschen die andere gepeinigt und unterdrückt haben, leben in Wohlstand und Würden. Die meisten politischen Häftlinge und andere politisch Verfolgte beziehen Einkommen auf Sozialhilfeniveau. Sind das die Signale, die Deutschland braucht? ... Wir rufen Sie, verehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages, auf: Verabschieden Sie die Anhebung der Staatsnahen-Renten nur, wenn der Widerstand gegen Diktatur und Menschenrechtsverletzungen kräftig, das heißt auch finanziell gewürdigt wird."
Leider ist die Regierungsmehrheit von SPD und Grünen diesem Appell nicht gefolgt, sondern hat seitdem mehrfach verbesserte Altersbezüge für SED-Opfer - wie eine Opferrente - abgelehnt. Makaber ist auch, daß die Täter von der PDS unterstützt werden, die damit ihrer Seniorenmitgliedschaft treu zur Seite steht. Die Opferverbände selbst verfügen über viel geringere finanziellen Mittel, um ihre Entschädigungsansprüche bis zum BVG treiben zu können. Bei finanzieller Waffengleichheit wäre es auch interessant geworden, wenn die Opferverbände geklagt hätten. Ob der Artikel 17 des Einigungsvertrages jetzt nicht ausgehöhlt wird, ist mehr als fraglich. Der Einigungsvertrag schreibt eine "angemessene", also umfassende Regelung der Entschädigung vor. Durch die neuen Entscheidungen wird jedoch diese "Angemessenheit" aufs Gröbste verletzt.
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