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Teile der Bevölkerung werden ausgegrenzt

 
     
 
Nachdrücklich haben sich führende deutsche Wissenschaftler und Verbandsvertreter für die Erhaltung des Deutschen als Sprache der Wissenschaft eingesetzt, doch: Fast gleichzeitig wies der Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages eine Eingabe aus den Reihen des "Vereins Deutsche Sprache" (VDS) zurück, der auf diesem Weg angeregt hatte, den Schutz der deutschen Sprache in die Verfassung, also in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
, aufzunehmen. Ist doch in den Verfassungen der Schweiz, Liechtensteins und Österreichs Deutsch selbstverständlich als Staats- oder Landessprache verankert.

In Deutschland hingegen ist die Landessprache nur Gegenstand nachgeordneter Gesetze, obwohl es in unserem Land, wie der VDS-Vorsitzende Professor Walther Krämer, Ordinarius am Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik in Dortmund, meint, "mehr als in vielen anderen Ländern der Welt die Landessprache ist, die das Gemeinwesen zusammenhält".

Doch der Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages, der gewissermaßen die höchste deutsche Anlaufstelle für Bürgerwillen und Bürgerwünsche in diesem deutschen Gemeinwesen ist, empfahl beim Kehraus der jetzigen, verkürzten Legislaturperiode dem Plenum des Parlaments, "das Petitionsverfahren abzuschließen". Zur Begründung heißt es unter Hinweis auf eine Stellungnahme des Bundesinnenministeriums: "Die Notwendigkeit, sich im Zuge der fortschreitenden weltweiten Vernetzung von Staaten, Gesellschaften und Wirtschaftssystemen mühelos verständigen zu können, nimmt verstärkt zu. Das Erlernen fremder Sprachen und auch das Verstehen fremder Kulturen gewinnen deshalb für die deutsche Bevölkerung immer größere Bedeutung. Das geht einher mit den auch von deutscher Seite stetig ausgeweiteten Bestrebungen zur Fortentwicklung der Europäischen Union. Um die Einflüsse fremder Sprachen und Kulturen im Sinne der Petenten zu mindern, wäre ein umfassender Schutz der deutschen Sprache und des deutschen Brauchtums erforderlich. Ein solcher könnte ohne Verbote und gegebenenfalls Sanktionen nur schwer durchgesetzt werden. Die sich hierdurch ergebenden Einschränkungen widersprachen auch nach Auffassung des Petitionsausschusses dem Freiheitsverständnis des Grundgesetzes."

Diese Antwort besagt, daß sich die deutsche Volksvertretung, besser gesagt: die "Bevölkerungsvertretung im Geltungsbereich des Grundgesetzes" mit reaktionärer Multikulti-Phraseologie ihrer Verantwortung für die deutsche Kultur und ihren Träger, die deutsche Sprache entzieht.

Damit handelte der Petitionsausschuß ebenso dilettantisch wie zuvor schon die sogenannte Enquetekommission "Kultur in Deutschland" desselben Bundestages, die von der Zerstörung und Herabsetzung des entscheidenden Kulturträgers "Sprache" in Deutschland durch Anglizismen bis hin zur Verwendung von Primitiv-Englisch unter deutschen Muttersprachlern keine Kenntnis nahm und das mit der merkwürdigen Begründung, sie sei "für auswärtige Kulturpolitik nicht zuständig". Petitionsausschuß, Enquetekommission und schließlich der Deutsche Bundestag insgesamt haben damit bewiesen, daß sie kein Bewußtsein von der Bedeutung der deutschen Muttersprache für die Kultur und für deren aktuellen Gefährdungen haben.

Man kann das nur mit Erschrekken zur Kenntnis nehmen und muß um so mehr dankbar sein, daß sich im Gegensatz zum deutschen Parlament hervorragende Vertreter der Wissenschaft und wichtiger Verbände der deutschen Sprache annehmen. Sie kommen aus unterschiedlichen Fachrichtungen, sind Ärzte, Juristen und Verbandsvertreter. Den drei Erstunterzeichnern, dem Münchner Immunologen Ralph Mocikat, dem Berliner Kinderchirurgen Wolfgang Haße (Freie Universität) und dem Direktor am Umweltbundesamt Hermann Dieter haben sich 40 Natur- und Geisteswissenschaftler angeschlossen, darunter der Präsident der Leibniz-Gesellschaft Hans Olaf Henkel, die Präsidentin der Universität Viadrina Gesine Schwan, der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Hering und Josef Klaus (Deutscher-Lehrerverband).

In sieben Thesen verurteilen sie, daß bei deutschen Tagungen auch ohne internationale Beteiligung "immer häufiger auf englisch verhandelt werde". Das bedeute, daß deutsche Wissenschaftler sich auf englisch verständigen müßten und damit "komplexe Zusammenhänge oft nur ungeschickt vermitteln" könnten. Das gehe mit "geistiger Verarmung" einher. "Der wissenschaftlichen Produktivität werde langfristig schwerer Schaden zugefügt, wenn die Muttersprache aus dem Erkenntnisprozeß ausgeblendet werde." Die hochkarätigen Unterzeichner stellen fest: "Da 30 Prozent der Deutschen der englischen Sprache nicht mächtig sind und weitere 30 Prozent nur über rudimentäre Kenntnisse verfügen, schließt der Verlust einer wissenschaftlichen deutschen Sprache weite Bevölkerungsteile von Teilhabe und Mitsprache bei wichtigen Entwicklungen aus." Die Folge sei: "Immer mehr Studenten und Wissenschaftler studieren, forschen und lehren daher lieber gleich beim angloamerikanischen Original".

Der Selbstmord der deutschen Sprache, den der Bundestag offensichtlich nicht zu verhindern gedenkt, führt in eine neue Wirklichkeit: Zum Weltjugendtag der Katholiken in Köln gaben die Kölner Verkehrsbetriebe für ihre Mitarbeiter einen Englischführer in "Sprechschrift" heraus. Darin heißt es zum Beispiel: "Ju häff tu päi käsch" (Sie müssen bar zahlen"), der Dom hieß darin "Kässiedräl". Blieb zum Schluß nur: "Ei kahnt anderständ ju! Sänk ju wäri matsch!"

Dem Deutschen Bundestag ergeben sich daraus bisher ungeahnte Möglichkeiten ...
 
     
     
 
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