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Der Strom kommt aus der Steckdose, die Milch aus der Tüte und die Musik von der CD... Kein Zweifel, viele junge Menschen denken noch heute so. Um so erfreulicher war die große Beteiligung gerade junger Menschen an einem Konzert als Zuhörer, aber auch als Ausführende -, das kürzlich in Stade bei Hamburg zu genießen war. Dabei war die gelungene Zusammenstellung einer zunächst unglücklichen Fügung zu verdanken. Einige Mitglieder des Philharmonisch en Orchesters Moskau hatten kein Visum bekommen sollte man deswegen aber die geplante Tournee ins Wasser fallen lassen? Die Veranstalter entschlossen sich kurzerhand, Arkadij Feldman und sein Staatliches Symphonieorchester Königsberg zu einer "Fusion" zu verpflichten. Gemeinsam probte man eine Woche besonders intensiv, und was dabei herauskam, konnte sich hören lassen. Das Stader Publikum jedenfalls ließ sich zu wahren Begeisterungsstürmen hinreißen.
Arkadij Feldman war es gelungen, die beiden Klangkörper zu einem zu verschmelzen. Sowohl bei der Fantasie-Ouvertüre nach Shakespeares "Romeo und Julia" von Peter Tschaikowsky wie auch bei der 5. Sinfonie d-moll op.47 von Dimitri Schostakowitsch erfüllten die leisen, zarten Töne, die behutsamen, aber auch die vehement-furiosen das, was Beethoven einmal gefordert hat: "Die Musik muß Funken aus dem menschlichen Geist schlagen." Von Beethoven war denn auch das Konzert für Klavier, Violine und Violoncello C-Dur op. 56 "Tripelkonzert" mit den Solisten des 1984 gegründeten Piano Trios Salzburg mit Andreas Fröhlich, Lavarad Skon Larsen und Ramon Jaffé zu hören, die ebenfalls das Publikum restlos begeisterten.
Nach dem Auftritt in Stade gings weiter nach Köln, wo man in der Philharmonie auftrat, nach Recklinghausen, Wolfsburg und Uelzen. Im Sommer wird Arkadij Feldman mit dem Staatlichen Symphonieorchester Kaliningrad/Königsberg übrigens auch im Rahmen der EXPO 2000 auftreten.
Bei einem Besuch im Hamburger Ostdeutschlandhaus vor zwei Jahren ergab sich die Möglichkeit zu einem lebhaften Gespräch mit dem seit 1986 in Königsberg lebenden Feldman, der übrigens nie Deutsch gelernt hat, es aber vorzüglich spricht und versteht, da er als Musiker das absolute Gehör hat. Der engagierte Musiker, der seine Zuhörer immer wieder mitreißen kann, erzählte von den schwierigen Anfängen, von seinen Bemühungen, in Königsberg ein ordentliches Orchester auf die Beine zu stellen. Zunächst waren es 15, dann 30 Musiker, die sich zusammenfanden und Stücke einstudierten, schließlich auch vor Publikum auftraten.
Dann kam das Jahr 1990. Auch in Königsberg sollte der 120. Geburtstag von Lenin feierlich begangen werden. Das Symphonieorchester wurde aufgefordert, ein 40minütiges Konzert zu geben. Mit Erfolg! Sogar die Partei-Funktionäre waren begeistert. "Der Vorsitzende des Stadtkomitees lud mich zu sich ein und interessierte sich dafür, welche Hilfe das Orchester benötige, um noch besser und öfter spielen zu können, um das Repertoire zu vervollständigen", erinnerte sich Feldman. Das war die offizielle Anerkennung und so nennt man sich seit 1990 "Staatliches Symphonieorchester".
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