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In einem internationalen Gerichtsverfahren, vergleichbar mit den Nürnberger Prozessen oder dem Haager Kriegsverbrechertribunal, sollen die Verbrechen der Sowjetunion zur Zeit des Zweiten Weltkriegs juristisch aufgearbeitet werden. Diese Forderung stellte der frühere litauische Präsident Vytautis Landsbergis vor dem Europaparlament in Straßburg auf. Zugleich dankte er dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Josep Borrell, dafür, daß er vor kurzem an die Okkupation der baltischen Staaten durch die Sowjetunion vor 65 Jahren erinnert habe. Das Gedenken an die Opfer dieser Vorgänge, so Landsbergis weiter, verlange nach Gerechtigkeit. Daher halte er es für notwendig und auch durchführbar, in einem Tribunal die damaligen Verbrechen Moskaus ans Tageslicht zu bringen und zu verurteilen. Diese dürften nicht im Interesse guter Geschäftsbeziehungen zum heutigen Rußland verschwiegen werden.
Die Straßburger Rede von Landsbergis gewinnt zusätzlich an politischer Brisanz durch die spürbare Abkühlung der Beziehungen zwischen Moskau und den baltischen Republiken, die sich schon anläßlich des Beitritts Litauens, Estlands und Lettlands zur EU im vergangenen Jahr abzeichnete. Im Mai dieses Jahres verschärfte sich die Lage, als Litauen seine Teilnahme an den Moskauer Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Kapitulation der deutschen Wehrmacht absagte; für die Balten, so hieß es, sei dies vor allem der Tag der Erinnerung an die gewaltsame Einverleibung ihrer Heimat in die Sowjetunion.
Wenige Wochen später erfolgte die "Retourkutsche" Moskaus, als Präsident Putin demonstrativ darauf verzichtete, die Litauer (wie übrigens auch die Polen) zur 750-Jahrfeier Königsbergs einzuladen. Immerhin sind Litauen und Polen direkte Nachbarn des heute russischen "Oblast Kaliningrad". |
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