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Unermüdlicher Einzelgänger

 
     
 
Schreibhemmungen scheint er nicht gekannt zu haben. 80 Jahre alt ist Siegfried Lenz vor kurzem geworden, und rund 60 davon hat er in unermüdlichem Fleiß dem eigenen literarischen Schaffen untergeordnet. Dies erinnere an das Vorbild des Autors Thomas Mann, meint der Journalist Erich Maletzke, der jetzt die erste Biographie des gebürtigen Ostdeutschland vorgel
egt hat. Und so ist der Biograph auch vor allem darauf angewiesen, auf 200 Seiten vor allem das Werk, weniger das Leben des Schriftstellers zu schildern. Immer dann, wenn es ums Persönliche gehe, werde der vielgerühmte Erzähler zu einem Schweiger. Trotzdem hat Maletzke eine ordentliche erste Biographie zustande gebracht, die dazu animiert, das ein oder andere Buch von Lenz neu oder wieder zu lesen.

Die Kindheit des am 17. März 1926 in Lyck geborenen Lenz verlief nicht sehr erfreulich. Es war eine Kindheit ohne Vater. Vater-Sohn-Konflikte sollten in mehreren Romanen des Autors denn auch eine beherrschende Rolle spielen. Der frühe Siegfried Lenz stand ganz unter dem Einfluß von Ernest Hemingway, so daß der damalige Kritikerpapst Friedrich Sieburg die Floskel "Der junge Mann und das Meer" über den Novizen in Umlauf bringen konnte. Doch schon bald sollte Lenz seinen eigenen Ton treffen. In "Der Mann im Strom" von 1957 greift er ein Thema auf, das auch heute wieder aktuell ist: Es geht um die Ausgrenzung der Älteren aus dem Arbeitsleben.

Im Jahr der Studentenrevolte von 1968 folgte der ganz große Wurf. Der Roman "Die Deutschstunde" hat Millionen von Lesern und Eingang in den Deutschunterricht an den weiterführenden Schulen gefunden. Es geht um den Grundkonflikt Macht gegen Kunst. Wenn die Kritik behauptete, das dickleibige Buch sei "ein typisches Alterswerk, geschrieben von einem 40jährigen", so zeigte sie nur ihr Unverständnis für den milden moralischen Ton des Erzählers. Viele der in dieser Zeit erschienenen Bücher sind längst vergessen. Nachholender Antifaschismus mit Schaum vor dem Mund wirkt heute nur noch peinlich. Lenz "Deutschstunde" aber hat weiterhin Bestand.

Anders als sein Kollege Günter Grass hat sich Siegfried Lenz mit den Jahren immer mehr zurückgezogen. Sein Leben gehörte dem Werk und vor allem auch seiner Frau.

Die professionellen Rezensenten haben nicht alle späteren Werke mit Begeisterung aufgenommen.

Doch wie bringt es Maletzke am Ende seiner Studie so schön auf den Punkt: "Dennoch gilt für ihn, was der Kollege Friedrich Hebbel erkannt hat: Die Seidenraupe spinnt unbekümmert weiter, auch wenn die Nachfrage nach Seide sinkt."

Erich Maletzke: "Siegfried Lenz. Eine biographische Annäherung", zu Klampen Verlag, Springe 2006, geb., 204 Seiten, 16,80 Euro
 
     
     
 
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