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Ungesühnte Morde im Todeslager Zgoda

 
     
 
Israel hat polnischen Pressemeldungen zufolge Ende vergangenen Jahres dieAuslieferung von Salomon Morel (79) verweigert, der von der polnischen Justiz des Verbrechens gegen die Menschlichkeit bezichtigt wird. Morel wird die persönliche Schuld für den Tod von 1518 Deutschen im ostoberschlesischen Lager Schwientochlowitz im Jahre 1945 angelastet.

Polen hat nach einem Bericht der angesehenen Tageszeitung "Gazeta Wyborcza
" die Auslieferungvon Salomon Morel unter Berufung auf die europäische Konvention über Auslieferungen bereits im April 1998 beantragt. Die israelische Ablehnung dieses Auslieferungsersuches traf erst im November vergangenen Jahres in Warschau ein. Das polnische Justizministerium erklärte, die israelische Regierung habe mitgeteilt, daß es nach israelischem Recht "keine Grundlagen für die Auslieferung Morels gebe". Die Verbrechen, die dem ehemaligen Kommandanten angelastet würden, seien nach israelischem Recht keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit und würden nach 20 Jahren verjähren. Seither seien aber bereits über fünf Jahrzehnte vergangen.

Salomon Morel war erst 1995 fluchtartig aus Polen nach Israel ausgereist, als sich als Folge der zunehmenden Diskussion um seine damaligen Greueltaten eine Anklage der Kattowitzer Bezirksstaatsanwaltschaft abzeichnete. Bei der Vorbereitung der Anklage gegen Salomon Morel hatte die Kattowitzer Staatsanwaltschaft auch mit deutschen Justizbehörden zusammengearbeitet.

"Gazeta Wyborcza" schilderte in ihrer Ausgabe vom 8. Dezember 1998 die Vorgänge im Lager:

"Was geschah in Schwientochlowitz? Nach dem Einmarsch der Roten Armee in Schlesien hatten die kommunistischen Machthaber im Stadtteil Eintrachthütte (polnisch Zgoda) von Schwientochlowitz ein Lager für die Deutschen eingerichtet. Es befand sich auf dem Gelände einer Filiale des ehemaligen KZ Auschwitz. Morel wurde Kommandant des Lagers. Im Lager befanden sich drei- bis dreieinhalbtausend Personen. Es wurden dort Deutsche festgesetzt wie auch polnische Bürger, welche die Volksliste unterschrieben hatten.

Ebenfalls brachte man Personen ins Lager, die mehr oder weniger im Verdacht standen, den neuen Machthabern feindlich gesonnen zu sein. Die Entscheidungen für die Festnahmen wurden von der UB (Geheimpolizei) getroffen – ohne formelle Entscheidungen von Gerichten oder Staatsanwälten. Als Folge von Anzeigen oder auch nur Vermutungen, daß jemand der NSDAP angehört habe, wurden Menschen willkürlich verhaftet.

Morel mißhandelte die Gefangenen. Im Jahr 1992 hat die Bezirkskommission für die Untersuchung von Verbrechen gegen das polnische Volk Nachforschungen über die Todesursachen von 1518 Personen, die im Jahre 1945 im Lager Schwientochlowitz umkamen, eingeleitet. Morel war Kommandant dieses Lagers. Bei den Unterschungen wurde festgestellt, daß im Lager sanitäre Einrichtungen kaum vorhanden waren. Die Enge und die Verbreitung von Seuchen führten zu einem Massensterben (20 bis 30 Personen täglich). Die mit Kalk bestreuten Leichen wurden auf umliegenden Friedhöfen in Sammelgräbern begraben, die Gräber dem Erdboden gleichgemacht.

Laut Aussage von Zeugen hat Morel die Gefangenen oft selbst geprügelt, wobei diese verletzt oder zu Krüppeln wurden, u. a. auch das Gehör verloren. Das Prügeln war im Lager allgemein üblich, so wie auch andere Methoden der Peinigung der Gefangenen wie z. B. das Stehen auf dem Platz über viele Stunden – ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Nach Meinung der Kommission ist anhand des gesammelten Materials die Grundlage dafür gegeben, Morel des Verbrechens gegen die Menschlichkeit anzuklagen. Im September 1996 hatte die Staatsanwaltschaft Morel diese Anschuldigungen zukommen lassen. Später hat das Gericht einen Haftbefehl ausgestellt und die Fahndung ausgeschrieben.

Die Verursachung des Todes von mindestens 1518 Personen wird Morel persönlich zugeschrieben, der als einziger Lagerchef für die dort herrschenden Zustände verantwortlich war. Von ihm waren Gesundheit, Existenz und das Schicksal der einzelnen Gefangenen abhängig. Dieses hat die Staatsanwaltschaft in Kattowitz so gesehen, nachdem sie im Mai 1995 das Untersuchungsmaterial von der Kommission erhalten hatte."

Ein Sprecher der Kattowitzer Bezirksstaatsanwaltschaft erklärte gegenüber der "Gazeta Wyborcza", daß es keinen neuen Auslieferungsantrag an Israel geben werde: "Wenn der Antrag einmal abgelehnt wurde, hat es keinen Sinn, das Spiel nochmals zu beginnen." Polnische Medien und Politiker kritisieren die Vorgehensweise Israels. Der Chef der Hauptkommission für die Untersuchung von Verbrechen am polnischen Volk, Prof. Witold Kulesza, erklärte: "Wir haben es hier mit einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu tun, für das es keine Verjährung gibt." Dem ist nichts hinzuzufügen.

 
     
     
 
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