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Unterhaltung

 
     
 
Wenn das Heu duftet

Das Dorf Kreuzofen, das 33 Pferde, zwei Ochsen und 90 Kühe besaß, benötigt unbedingt mehr Acker- und Wiesenflächen. Deshalb wurden die Niederungs- und Moorfläche am Kurwiener Fließ und am Niedersee kultiviert, um mehr Futterplätze für das Vieh zu erhalten. Es wurde insbesondere intensive Wiesenentwässerung betrieben, um neue Wiesen zu bekommen, auf denen das Vieh im Sommer grasen und auf denen für den Winter Heu gewonne werden konnte. Oft taten es die Bauern mit Hilfe staatlicher Beihilfen durc Einzelmelioration selbst, um Dauerweiden
zu erhalten.

So wurden durch Drainierung nasse Schwemmwiesen in fruchtbare Dauerwiesen verwandelt die der Forstverwaltung gehörten. Das geschah in den 20er Jahren auf Dembniak Bjäwafkä, Swary, Läsarsch, Pulefka, Bhaseyka und Klinnzany, aber auch auf Woka un Parowu am Niedersee. Hier wurden neue Äcker und fruchtbare Wiesen geschaffen, die vo Forstamt Kurwien an die Landwirte verkauft oder an die Kätner und Waldarbeiter sowi Kossäten, die über keine eigenen Wiesen verfügten, jedes Jahr neu verpachtet wurden Auf einer Wiesenauktion im Frühjahr in der Gaststätte Arndt in Klein Kurwien konnten die einzelnen Parzellen meistbietend ersteigert werden. Die Interessenten schauten sich vorhe den Graswuchs auf den Einzellosen an, um die besten für sich zu gewinnen. In der Rege wollten die Vorbesitzer das Wiesengelände des Vorjahres haben.

Die Ersteigerung der Natur- und Kunstwiesen galt für den 1. und 2. Schnitt. Es mußt im Sommer reichlich Heu in die Scheunen gefahren werden, denn der Winter in Masure dauerte recht lange. Für die Kühe wurden ausreichend Heu und Futterrüben gebraucht weil man Wert auf eine gute Milchleistung legte.

Mein Vater pachtete drei zusammenhängende Wiesen auf Pulefka, die uns gutes un kräftiges Gras und damit Heu einbrachten. Pulefka lag ungefähr 5 km von Kreuzofe entfernt.

Im Monat Juni zu Johanni begann die Heuernte. Vater stand schon am Vortag abends a Klappstock und klopfte mit dem spitzen Teil des Hammers am Holzklotz die Sensenscheib scharf, damit sie am nächsten Tag mit dem Wetzstein nur abgestrichen zu werden brauchte Der Sensenstiel und das Sensenblatt, das zusätzlich in einen Jutesack eingewickelt wurde band er an der Fahrradstange fest.

Am nächsten Morgen vor Tagesanbruch fuhren Vater und ich auf seinem Fahrrad auf die Wiesen Pulefka, um die Morgenkühle für die schwere Arbeit zu nutzen. Zu dieser Zeit wa außerdem das nasse Gras leichter zu mähen. Das Grasmähen erforderte viel Kraft, Könne und technisches Geschick, so daß ich meinen Vater bei seiner Arbeit bewunderte.

Nachdem das Fahrrad unter einer Fichte abgestellt war, begann Vater mit dem Mähen. E wird etwa 4 Uhr morgens gewesen sein. Gleichmäßig zog er seine Sense Schritt fü Schritt, eine Sensenlänge nach der anderen, bis er am Kurwiener Fließ angekommen war Dort wurde die Sense mit einem Büschel Gras zunächst abgewischt, die Schneide in de Fluß gesteckt, der Wetzstein aus dem Schluckerfäßchen geholt und die Sense dami abgezogen, geschärft. Vater mähte die Wiese im Rechteck. Meine Aufgabe bestand darin das von meinem Vater gebündelt abgelegte Gras in die Hände zu nehmen und auf de gemähten Wiese fein zu zerstreuen, damit es besser trocknen konnte und so daraus He wurde.

Vater hatte immer ein gutes Wiesengelände ausgesucht, auf dem vorzügliches Gra wuchs. Es kam dabei nicht auf die Menge des Grases, sondern vielmehr auf die Zusammensetzung, also die Qualität an. Im Durchschnitt war es gutes Viehfutter, da unsere Kuh gern fraß.

Wenn der Morgenzug von Ortelsburg nach Johannisburg um 8 Uhr den Bahnhof Kurwie erreichte und wieder abfuhr, hörten wir das Anfahren und Schnaufen der Lokomotive. Dan war es Zeit, eine Frühstückspause einzulegen, um uns zu stärken. Mutter hatte uns in Rucksack ein gutes und großes Frühstückspaket mitgegeben, das aus Schinken- un Wurstbroten bestand. Außerdem war eine Menge gekochter Eier dabei. In der große Kaffeekruke befand sich der Muckefuck.

Vater und ich setzten uns auf einen Baumstumpf im nahen Fichtenwald, den Blick auf die halbgemähte Wiese gerichtet, und waren mit dem bis dahin geschafften Arbeitspensu vollauf zufrieden. Glücklich schauten wir uns an. Dabei wechselten wir kaum ein Wort Vater schwitzte. Sein Hemd war naß. Mittags, wenn die Sonne am Himmel am höchsten stand waren die drei Wiesen gemäht und das Gras auseinandergestreut. Vater band Sensenstiel un -blatt wieder am Fahrradrahmen fest, ich setzte mich auf den Fahrradrahmen und wir fuhre durch den kühlen Wald nach Hause.

Das Trocknen des Grases war Aufgabe meiner Mutter und der Kinder. Bei schönem Wette fuhren Mutter und ich auf ihrem Fahrrad, die beiden Holzharken am Fahrrad festgebunden auf die Wiesen von Pulefka, um zu heuen. In der Regel trafen wir dort zwischen 9 und 1 Uhr ein, wenn die Sonne die Wiesen getrocknet hatte. Am Wiesenrain war die Luf geschwängert von dem süßen Duft des Heus und den Gerüchen des Waldes und der Felder Über Pulefka stand ein strahlend blauer Himmel. Sofort begannen wir mit den Holzharke das Gras zu wenden. Meine Mutter ging einen Streifen voraus und ich hinter ihr her. Dies Arbeit setzten wir solange fort, bis das gesamte Gras oder Heu gewendet war. Dann began für meine Mutter und für mich die wohlverdiente Essenpause. Es wurden am Waldrand in Schatten belegte Brote gegessen und Kaffee aus der Emailkanne getrunken sowie geruht Während der Heuernte fiel im Juni kaum Regen, so daß wir viel schwitzten.

Nachdem das Heu auf der Oberseite von der Sonne getrocknet war, wurde es erneu gewendet, um am Abend trocken zu sein. Jetzt konnte das Heu in Rundhaufen, sogenannte Käpsen geschichtet werden, damit es vom Regen nicht wieder naß wurde. Deshalb sind die Wiesen vom Heu sauber geharkt worden. Der Heuduft stieg uns in die Nasen und war gut zu riechen. Nach getanem Heuen fuhren meine Mutter und ich müde und geschafft nach Hause Oft verspürten wir Rückenschmerzen.

Hatte das Heu einen bestimmten Trockenheitsgrad erreicht, konnte es eingefahren werden Wir spannten am Abend Konopkas Pferd Peter vor den Leiterwagen. Meine Mutter belud mi viel Geschick den Wagen, während Vater oder Konopka ihr das Heu mit der Forke zureichten Meine Arbeit bestand darin, das auf den Wiesen heruntergefallene Heu zusammenzuharken.

Wenn das Fuder mit dem Heu beladen war, hatte es eine Höhe von drei bis vier Metern Der oben aufliegende Wiesenbaum wurde vorne und hinten mit einem Tau festgezogen und hiel so das lose Fuder Heu zusammen.

Während mein Vater mit seinem Fahrrad nach Hause fuhr, stiegen Konopka und ich zu meiner Mutter auf das Heu, um damit auf unsere Scheunentenne zu fahren. Jedes Fuder, da meine Mutter belud, hat sicher die Scheune erreicht!

Zu Hause angekommen, entluden Vater und Konopka mit Forken den Heuwagen. Mutter und mi fiel jetzt die Aufgabe zu, das lose Heu auf dem Heuboden bis zum Dachfirst zu stapeln Gegen 10 Uhr abends war das Heu in der Scheune. Vater und Konopka ließen es sich nac getaner Arbeit nicht nehmen, ein paar Korn oder Bärenfang und ein kühles Bier gemeinsa zu trinken, die mein Vater gern spendierte. Dabei gab es ein ausgiebiges Gespräch.

Beim zweiten Heuschnitt im Spätsommer wiederholten sich dieselben Arbeitsvorgänge.

 

Sommerbild

Von MARGOT MICHAELIS

Die Sommerfelder

wogten sanft

Lerchen füllten

den Himmelsraum

Pferde standen

im Gegenlicht

am Horizont

der dunkle Wald

 

Glück und Unglück auf den Memelwiesen
 
     
     
 
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