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Wie unterwürfig sind die Deutschen? Wer neuerdings den "Berliner Kurier" aufschlägt, der kommt sich vor, als halte er die britische "Sun" in den Händen. Jenes Kampfblatt, das wahlweise gegen Deutsche ("Krauts") oder Franzosen ("Frösche") hetzt oder über Spanier verbreitet, sie hätten nur Syphilis und die Inquisition über die Welt gebracht.
Als die britische "Yellow Press" neulich Fotos veröffentlichte, die angeblich Angela Merkel beim Baden zeigten, da war die Empörung groß. Wenige Tage später hielt Uwe Vorkötter einen Vortrag vor Studenten. "Die Grenzen der Geschmacklosigkeit sind bei Briten eben anders", kommentierte der bisherige Chefredakteur der "Berliner Zeitung " diese Bilder.
Derzeit werden diese "Grenzen der Geschmacklosigkeit" offenbar auch in Deutschland auf britisches Niveau gesenkt. Und zwar von einer anderen Zeitung des selben Berliner Verlages, in dem auch der "Berliner Zeitung" erscheint. Der "Berliner Kurier" schlagzeilte am 2. Mai: "Merkel ist wie Hitler". Dazu waren der erhobene Arm des "Führers" und die Kanzlerin zu sehen. Erst daneben der kleine Hinweis, ein polnischer Minister pöbele derart gemein gegen Frau Merkel. Im Vorbeigehen leicht zu übersehen, so daß beim flüchtligen Blick die Hitler-Merkel-Gleichsetzung unerklärt im Raum bleiben mußte. Leserfang der untersten Kategorie.
Seit der Berliner Verlag von ausländischen Finanzinvestoren unter Führung des Briten David Montgomery übernommen worden ist, stehen die beiden hauseigenen Blätter unter großem Druck. Die Kapitalanleger erwarten Ergebnisse. 20 Prozent Rendite soll die Zielmarke sein. Um ihre Arbeitsplätze zu sichern, müssen die Mitarbeiter der Blätter das Geld erwirtschaften. Wie, schert Finanzinvestoren traditionell wenig.
Augenscheinlich ratlos, was dem neuen Eigentümer denn gefallen könnte, eifert der "Kurier" einfach dem Londoner Radaublatt "Sun" nach. Mit Vergleichen à la "Merkel gleich Hitler" begibt sich die Redaktion in die grenzdebilen Niederungen des britischen Blätterwaldes. Es fehlt nur noch ein Jubelbericht über die Erfolgsaussichten der britischen Fußballmannschaft bei der WM.
Kein Wunder, daß Uwe Vorkötter das Handtuch warf. Wäre er nur frustriert über die Investoren, die er bis zum Schluß bekämpft hat, dann hätte er bereits zum 1. Januar gehen können. Es spricht einiges dafür, daß ihm die Wendehalsmentalität seiner Verlagskollegen den Rest gegeben hat. Deren Tragik: Den Finanzinvestoren ist völlig egal, wie die Gewinnerwartungen erfüllt werden, Hauptsache mehr Leser. Da die Deutschen "Merkel-Hitler"-Schlagzeilen jedoch kaum so anziehend finden wie die britischen Leser, könnte die vorauseilende Anbiederung an den vermeintlichen Geschmack der neuen Herren gründlich nach hinten losgehen. Die Unterwürfigkeit würde so zum Boomerang. |
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