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"Ich werde einen Deubel tun, einen neuen Vorschlag zu machen", sagte Bundesfinanzminister Hans Eichel, als sein Vorschlag zur Manipulation des 3. Oktobers als deutscher Nationalfeiertag abgeschmettert worden war. Das sollten vielmehr diejenigen tun, die den Regierungsvorschlag abgelehnt hätten, maulte Eichel verärgert. Am Stammtisch im Deutschen Haus handelte er sich dafür bittere Kommentare ein, die von "Vaterlandsverrat" bis "Schnapsidee" reichten.
Die gesamte Spitzenmannschaft der SPD sei blamiert, hieß es am Stammtisch. Hatten doch Kanzler Schröder, Wirtschaftsminister Clement und die Gesundheitsministerin Schmidt mit dem SPD-Parteivorsitzenden Müntefering den Plan abgesprochen, den Eichel vollstrecken sollte. Doch selbst die Grünen wollten dabei nicht mitmachen. Schröder hatte vergessen, sie zu informieren, und deswegen waren sie beleidigt, meinte der Stammtisch. Am 9. November 1989, als in Berlin die Mauer fiel und im Deutschen Bundestag spontan die Nationalhymne anstimmt wurde, waren es Abgeordnete der Grünen gewesen, die aus dem Plenarsaal liefen.
Grundsätzlich zeigte sich bei diesem in anderen Ländern unvorstellbaren Umgang mit dem Nationalfeiertag, daß die Alt-68er in der SPD ein gestörtes Verhältnis zur Wiedervereinigung hatten und haben. Eichel, so wußte der Stammtisch, ließ als Vorsitzender der hessischen SPD noch im März 1990 in Erfurt die Parole verbreiten, wer die Einheit wolle, sei ein Brandstifter.
Der Stammtisch zog seine Schlußfolgerung: Was jetzt mit dem 3. Oktober geschehen sollte, war kein Ausrutscher oder organisatorisches Mißgeschick, sondern Ausdruck des Denkens und Fühlens einer ganzen SPD-Generation.
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