A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Verfassungsschutz registriert weniger Links- und Rechtsextremisten

 
     
 
Das Verhalten der Sozialdemokraten gegenüber der SED-Nachfolgepartei PDS ist schon merkwürdig: In Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine Koalition zwischen SPD und PDS. In Sachsen-Anhalt läßt sich die SPD-Minderheitsregierung von der PDS aushalten – eine Art der gemeinsamen Regierung, die als "Magdeburger Modell" bekannt wurde. Und im Verfassungsschutzbericht
der Bundesregierung wird der PDS von Innenminister Otto Schily (SPD) ein gebührender Platz eingeräumt. Somit kommt die SPD zu dem Urteil, daß ihr eigener Koalitions- bzw. Duldungspartner "keine ernsthaften Anzeichen dafür (zeigt), ihr bislang zwiespältiges Verhältnis zum parlamentarischen System und zu wesentlichen Elementen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu klären".

Programme und Statuten ließen immer noch "Zusammenschlüsse unterschiedlicher marxistischer Ausrichtungen, darunter auch offen extremistische Zusammenschlüsse" zu. Unverändert werde die Existenz extremistischer Strukturen in der Partei geduldet. Damit ist besonders die "Kommunistische Plattform", der Zusammenschluß von Alt- und Jung-Leninisten in der PDS, gemeint.

Der Verlauf des letzten PDS-Parteitages, der in Münster und damit erstmals in einer westdeutschen Stadt stattfand, belegt Schilys Thesen. Die Mehrzahl der ins Westfalenland gereisten Genossen wollte den Schmusekurs der PDS-Führung in Richtung etablierte Parteien nicht unterstützen. Der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi und der Parteivorsitzende Lothar Bisky hatten bereits einen Antrag vorbereitet, in dem Militäreinsätze des Nato-Bündnisses zu humanitären Zwecken, wie etwa auf dem Balkan, nicht mehr kategorisch abgelehnt werden sollte. Doch der Widerstand dagegen feierte auf dem PDS-Parteitag einen neuen Triumph. Der Antrag der Parteiführung wurde niedergeschmettert.

Schilys Verfassungsschützer hatten in ihrem Bericht denn auch darauf hingewiesen, daß die PDS sich nach wie vor nicht vom DDR-System losgesagt habe, auch wenn es in der Parteiprogrammatik nur verschleiernd heißt, der DDR-Staatssozialismus habe wichtige Erfahrungen vermittelt, die es kritisch zu analysieren statt zu denunzieren gelte. Aber dennoch steht die Überwindung des "kapitalistischen Systems" nach wie vor in den Zielsetzungen der Partei. Dies wird die Sozialdemokraten aber nicht weiter besorgen. Sollte sich in anderen Bundesländern oder nach der nächsten Bundestagswahl im Bundestag die Möglichkeit einer rot-roten Koalition anbieten, dürfte sie genutzt werden, wenn nicht pflegeleichtere Bündnispartner, etwa die Grünen, zur Verfügung stehen.

Und weil zum Beispiel in der SPD-Bundestagsfraktion der Widerspruch zwischen Schilys Verfassungsschutzbericht und der rot-roten Wirklichkeit gesehen wird, gab es die Bestrebungen, den Bundestagsabgeordneten Dieter Wiefelspütz zum neuen Präsidenten des Verfassungsschutzes zu machen. Doch noch einmal setzte sich Schily durch und verhinderte die Berufung von Wiefelspütz.

In der Öffentlichkeit und in der Berichterstattung wurde diese Tendenz jedoch überhaupt nicht wahrgenommen. Dort stürzte man sich vielmehr auf die im Verfassungsschutzbericht zu lesende These, der Rechtsextremismus befinde sich weiter auf dem Vormarsch. Dabei sprechen allein schon die Zahlen eine andere Sprache. Die Zahl der organisierten Rechtsextremisten ging seit 1998 von 53 600 auf 51 400 zurück. Ihnen stehen 47 700 organisierte Linksextremisten und die 94 000 Mitglieder der PDS entgegen. Auch im linken Bereich sind die Mitgliederzahlen rückläufig. Die These vom Vormarsch des Rechtsextremismus stützt sich allein darauf, daß im Vergleich zu 1998 im letzten Jahr 38 rechtsextremistisch motivierte Straftaten mehr begangen wurden. Die Gesamtzahl der Delikte liegt jetzt bei 746. Von Linksextremisten wurden jedoch 3055 Straftaten begangen, wobei hierzu die Erläuterung gehört, daß sogenannte Propagandadelikte wie das Verwenden von Zeichen verbotener Organisationen von Linksextremisten nicht begangen werden können (Sowjetstern).

Die rechtsextremen und rechten Parteien leiden unisono unter personeller Schwindsucht, ergibt sich aus Schilys Ermittlungen. Auch die "Republikaner" werden in dem Bericht aufgeführt. Ihre Mitgliederzahl habe sich von 15 000 auf 14 000 verringert. Bei der Partei lägen "weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vor, auch wenn nicht jedes einzelne Mitglied verfassungsfeindliche Ziele verfolgen mag". Besonders unterstellt werden den Republikanern ausländerfeindliche und antisemitische Tendenzen, auch wenn sich REP-Vorsitzender Rolf Schlierer "um ein seriöses rechtskonservatives Erscheinungsbild seiner Partei bemüht".

 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Es hätte schlimmer kommen können

In Euro-Land schrillen die Alarmglocken

Ein Lebensabend in Würde

 
 
Erhalten:
rechtsextremisten
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv