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Wer von Schlesien über den Liebauer Sattel nach Trautenau und weiter in Richtung Königinhof fährt, stößt nicht weit davon im Tal der jungen Elbe auf ein märchenhaft anmutendes, breit auf dem hohen Ufer dahingelagertes Gebäude, Kukusbad, einst ein Ensemble aus Heilbad, Hospital, Kirche, Schloß, Theater, Gästehäusern, Handwerkerhäusern, ausgedehnten Parkanlagen, Treppen und Balustraden, geschmückt mit zahlreichen Statuen, die von oben ins Tal blicken.
Die Ländereien an der hier noch kaum 15 Meter breiten und recht seichten Elbe bei Kukus (tschechisch Kuks nach hier einst tätigen Goldschürfern) erhielt der General Johann von Sporck (1601-1679) mit dem Beinamen Türkensporck aufgrund seiner Verdienste unter Prinz Eugen. Sporck stammte aus einem westfälischen Freisassengeschlecht und wurde vom Kaiser in den Reichsgrafenstand erhoben. Sein Sohn Franz Anton von Sporck (1662-1738) gründete in Kukus aufgrund der Entdeckung einer Mineralquelle eine neue Siedlung mit einem Kur- und Gesellschaftszentrum.
Auf der nördlichen Seite der Elbe entstanden zunächst Badehäuser, später ein zweigeschossiges Schloß als Residenz, von dem aus er das Ewige Licht in der gegenüber auf der anderen Seite der Elbe errichteten Kirche sehen konnte. Über den Fluß baute man eine Brükke, am jenseitigen Ufer die prächtige Dreifaltigkeitskirche mit der Familiengruft, an die Kirche anschließend ein Spital, ein Kloster der Barmherzigen Brüder und eine Apotheke. Das Hospital diente der Aufnahme von 100 verarmten Untertanen und invaliden Soldaten der Türkenkriege.
Baumeister war Giovanni B. Alliprandi, dessen Terrassenmauern durch zahlreiche barocke Statuen von Mathias B. Braun und seinen Schülern geschmückt wurden. Ursprünglich waren es mehr als 30 Plastiken die acht Seligpreisungen, die zwölf Tugenden und die zwölf Laster, im rückwärtigen Garten die allegorischen Figuren der vier Jahreszeiten, die Allegorien der Freien Künste und der mächtige Miles christianus in der Mitte.
Es entstand im Laufe der Jahrzehnte eine "künstlerische Vision hochbarocker Weltlichkeit", die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zahlreiche bedeutende Gäste sah - vom schlesischen Dichter Johan Christian Günther bis zu Johann Sebastian Bach.
Vom Schloß ist heute nichts mehr zu sehen, jedoch blieben die Kirche und das Hospital erhalten, über die Elbe führt eine häßliche Eisenbrücke, von der man elbaufwärts auf ein Fabrikgebäude blickt.
Am linken Elbufer sind Reste der Kaskaden sehenswert, ein Gasthaus ist renoviert, an den Hospitalgebäuden wird offensichtlich schon lange gearbeitet, die Fassaden sind rot / weiß bemalt. Die Bauten dienen heute als Museum. Als Badeort wurde Kukus nie in Betrieb genommen.
Der Ort hatte um 1900 434 Einwohner, von denen 88 Prozent Deutsche und 12 Prozent Tschechen waren. Nach der Vertreibung der Sudetendeutschen sank die Einwohnerzahl bis 1991 auf 250. Als wir im November vergangenen Jahres das neblige Kukus aufsuchten, war es fast menschenleer. Ein Pferd ohne Reiter jagte in vollem Galopp den Hang hinunter und mit klappernden Hufen über die Brücke. Es schien kaum vorstellbar, daß einst Johann Chr. Günther die "goldene Zeit" in Kukusbad sehen wollte und hier die noble Welt verkehrte. Und kaum denkbar war auch, daß einst Bruder Domitian Nowak mit Goethe von hier aus über Münzen und Medaillen korrespondierte.
Barockes Ensemble: Nur wenig blieb. |
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