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Es steht in der Macht und auch in der Souveränität jedes Staates, auf dem eigenen Staatsgebiet Vermögen zu enteignen. Das resultiert aus dem völkerrechtlichen Begriff der Gebiets- und Personalhoheit. Auch die Enteignung ausländischen Vermögens, etwa das global agierender Konzerne, ist grundsätzlich möglich. Das Völkerrecht knüpft dies allerdings an gewisse Grundvoraussetzungen, da der Enteignete nicht Teil des Gemeinwesens ist, das von der Enteignung profitieren soll. Die Enteignung muß im öffentlichen Interesse des Staates sein, sie darf nicht diskriminierend wirken und sie muß mit einer Entschädigung verknüpft werden. Diese drei Grundbedingungen sind zwar nicht kodifiziert, aber allgemein anerkannt, so auch in der Rechtsprechung des Ständigen International en Gerichtshofes in Den Haag. Doch das Völkerrecht ist weiches, dynamisches Recht: Nach der bereits vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelten "Hull-Formel" muß die Entschädigung schnell (unverzüglich), angemessen (voller Wert) und effektiv (in einer konvertierbaren Währung) erfolgen. Der Namensgeber der Formel, Cordell Hull (1871-1955), war ein um das Völkerrecht und die Einrichtung einer Internationalen Staatengemeinschaft bemühter US-Politiker - zwischen 1933 und 1944 auch US-Außenminister - und Friedensnobelpreisträger (1945 für Gründung der Vereinten Nationen). Hull kritisierte 1944 den Morgenthau-Plan, nach dem das Nachkriegsdeutschland in ein vorindustriellenen Agrarstaat zurückentwickelt werden sollte, als "Verbrechen gegen die Zivilisation".
Der Grundsatz der vollwertigen Entschädigung ist nach der Eingliederung oberschlesischer Industrien zu Polen durch den Völkerbund 1928 entwickelt worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren hingegen nur noch pauschale Ausgleichszahlungen üblich. Das Prinzip der "angemessenen" Entschädigung ist 1962 durch die UN-Resolution 1803 (XVII) im Sinne einer Unangemessenheit umgedeutet worden. Hinter dem Beschluß standen vor allem die ehemaligen Koloni |
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