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Von Jahr zu Jahr unangenehmer

 
     
 
Soeben hat die Marktforschungsagentur Young & Rubican in Großbritannien die Ergebnisse einer vergleichenden Studie über die Frage vorgelegt, wie sich die Völker von zwölf Staaten gegenseitig beurteilen, ob sie sich gut leiden können oder weniger gut, ob sie sich respektieren oder nicht, kurz: wie sie sich beurteilen. 40 000 Menschen sind dafür befragt worden, und das sind so viele, daß man den Ergebnissen trauen kann.

Das Resultat für uns Deutsche: die Briten und die Franzosen mögen die Deutschen von Jahr zu Jahr weniger gern. Die niedrigste Wertung überhaupt bekamen die Bundesrepublikaner. Vor sieben Jahren noch hatten 73 Prozent der Briten vor den Deutschen Respekt. Jetzt sind es nur noch 41 Prozent. Die Bürger in allen anderen EU-Ländern kommen bei den Bewohnern des Inselstaates auf mehr als 70 Prozent – nur die Deutschen stürzen ab. In Frankreich war es nicht viel anders: Die Sympathiekurve für die Deutschen sank von 45 Prozent im Jahr 1994 auf jetzt nur noch 41 Prozent.

Die Deutschen hingegen lieben alle ihre Nachbarn: In den letzten sechs Jahren stieg die Sympathie der Deutschen für fast alle Auslandsstaaten. Hätte man gefragt, wie die Deutschen sich selbst einschätzen, wären sie vermutlich bei unter zehn Prozent gelandet, denn bekanntlich können sich die Deutschen selbst nicht leiden.

Daß die Deutschen so mies im international
en Ansehen abschneiden, müßte eigentlich unsere Meinungsmacher, ja, die ganze politische Klasse erstaunen, wenn nicht erschrecken. Sie sind seit langem der Meinung, wir müßten nur immer kräftig Schuldbekenntnisse abgeben, Bußübungen exerzieren, Reue demonstrieren, damit alle Welt uns lieb hat. Solcher Art operieren unsere Oberen nun schon seit Jahrzehnten. Und was ist das Ergebnis? Die anderen empfinden die Deutschen von Jahr zu Jahr unangenehmer.

Und das kann man verstehen.

Man stelle sich vor, ein Nachbar erzählte Tag für Tag, wie minderwertig er sei, weil sein Vater oder sein Großvater vor fünfzig oder sechzig Jahren irgendein krummes Ding gedreht hat. Dann beteuert er, daß er jedoch ein viel besserer Mensch ist und alles wieder gutmachen möchte.

Zuerst fänden wir das Geflenne interessant, dann fiele er uns auf die Nerven, dann glaubten wir ihm kein Wort mehr, und wenn er dann immer noch nicht aufhört, sich Asche aufs Haupt zu streuen, möchten wir ihn am liebsten mit Fußtritten aus der Tür befördern.

So ähnlich dürfte es unseren europäischen Nachbarn ergehen. Die einen glauben uns wirklich, daß wir ein Verbrechervolk sind, die anderen fühlen sich genervt, und die dritten trauen uns nicht, weil sie argwöhnen, hinter unseren Reuebeteuerungen stecke eine schlimme Absicht. Die Ergebnisse der Befragung werden unsere Politiker – vom Bundespräsidenten bis zum letzten Fernsehredakteur – kaum eines besseren belehren ...

 
     
     
 
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