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Der Einzug einer rechten Partei in den Bundestag "ist nicht wahrscheinlich." Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine aktuelle Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung, die rechtzeitig zu Beginn der heißen Wahlkampfphase die Erfolgsaussichten von rechten und rechtsradikalen Parteien zur Bundestagswahl untersucht.
Was diese Schrift ihren Lesern offenbart, liest sich wie die Entwarnung nach all den Endzeitvisionen der Wochen nach dem überraschend deutlichen Einzug der DVU in den Landtag von Sachsen-Anhalt . Wurde in der Folge dieser Wahl den "rechten Parteien" von einigen Demoskopen ein Wählerpotential von bis zu 20 Prozent eingeräumt und das drohende Ende der Demokratie an die Wand gemalt, so kommt die neuerliche Untersuchung zu einer weit unspektakuläreren Einschätzung.
Auf ein Sympathisantenpotential von zur Zeit gerade einmal sechs bis sieben Prozent beläuft sich demnach das Potential von DVU und Republikaner, der zu erwartende Wähleranteil wird sogar nur mit zwei bis drei Prozent veranschlagt. Die Studie geht daher auch von dem Scheitern dieser Parteien aus. Beide Parteien werden dabei völlig undifferenziert verrührt: "Wissenschaft". Doch Entwarnung will die CDU-nahe Stiftung dennoch nicht geben und verweist darauf, daß die "Parteien vom rechten Rand" immer wieder für eine Überraschung gut seien. Besonders besorgt gibt sich die Verfasserin der Studie Viola Neu angesichts der Tatsache, daß die "rechten Parteien" in der Lage sind "quasi aus dem Stand", also ohne umfangreiche Parteiorganisationen, den Einzug in die Parlamente zu schaffen. Als Ursache hierfür macht die Autorin neben der Politikverdrossenheit die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt sowie das Dauerthema Ausländer und Asylanten aus. Diese Reizthemen ermöglichten es den "Rechtsparteien" in den gesellschaftlichen "Problemgruppen" Protestwähler zu mobilisieren.
Es stellt sich bei solcherlei Schwammigem die Frage, was die Konrad-Adenauer-Stiftung veranlaßt hat, sechs Wochen vor der Bundestagswahl eine derartige Studie vorzulegen, zumal sich in der Vergangenheit gezeigt hat, daß sich realistische Vorhersagen über das Abschneiden von rechten und rechtsaußen stehenden Parteien kaum machen lassen. Denn nie sind die Wahlprognosen unzuverlässiger als wenn es um die Parteien rechts von der Union geht. Auch hier ist die Landtagswahl von Sachsen-Anhalt das beste Beispiel. Die 12,9 Prozent, welche die DVU am Wahlabend verbuchen konnte, hatte kein Forschungsinstitut auch nur annähernd vorausgesehen. Ist der Sinn dieser jüngsten Untersuchung also nur wahltaktischer Natur?
Nicht die unsicheren Zahlenwerte sind von Interesse, sondern die beabsichtigte Außenwirkung der Ergebnisse. Mit der Prognose, daß die "Rechtsparteien" an der Fünfprozenthürde scheitern werden, dient die Studie wohl mehr der Beruhigung des eigenen Parteivolkes als der Vorhersage des Wahlergebnisses vom 27. September. Es soll zudem den von den etablierten Parteien enttäuschten potentiellen Protestwählern signalisiert werden, daß sie mit der Wahl einer "rechten Partei", die offensichtlich keine Chance habe in den Bundestag einzuziehen, ihre Stimme "verschenken".
Kein Zeichen also dafür, daß sich die Parteistrategen in Bonn wirklich der Sorgen derjenigen Wähler annehmen, die sich enttäuscht von ihnen abwenden. Es scheint sich vielmehr der Trend fortzusetzen, daß die Politiker mehr und mehr die Fühlung zu diesen Wählern verlieren, wie man es derzeit anhand eines inhaltsleeren Wahlkampftheaters erleben kann. Als wenig hilfreich erweist sich in diesem Zusammenhang der Hinweis von Bundespräsident Herzog es sei schlimm, "wenn manche Bürger meinen, ruhig einmal radikale Parteien wählen zu können, nur um Protest auszudrücken." Solange die Sorgen der enttäuschten Wähler nicht ernstgenommen werden, sondern sich diese in immer neuen Studien als "soziale Randgruppen" wiederfinden, die einfach nicht das wählen, was von ihnen erwartet wird, ist mit Erfolgen der Rechtsparteien weiterhin zu rechnen, erscheinen neue, demokratische Formationen nahezu als einziger Weg zu echten Reformen. Es reicht eben nicht, die berechtigten Sorgen einer immer weiter wachsenden Zahl von Bürgern unter der Rubrik "Modernisierungsverlierer" abzulegen und diese gleichsam als von einer sonderbaren Krankheit Befallene auszusondern, nur weil sie nicht in das Idealbild der etablierten Parteipolitiker passen.
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