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War die Garr, de Bur de kumt!" - wer kennt diesen Ruf nicht noch aus dem Geschichtsunterricht? Er hallte auch bei den Aufführungen des diesjährigen Festspiels "Sag dem König Gute Nacht" über den Marktplatz der Kreisstadt Heide, die sowohl als Mittelpunkt der "Bauernrepublik" Dithmarschen an der Westküste Schleswig-Holsteins als auch als letzte Heimstatt des ostdeutschen Künstlerehepaares Margarete und Fritz Kudnig überregionale Bedeutung und Bekanntheit gewann. Ihr Marktplatz - nach dem Treuburger der zweitgrößte Deutschlands - hatte sich im Zuge des "Heider Marktfriedens", deren Hauptattraktion traditionell das Festspiel bildet, in ein mittelalterliches Szenarium verwandelt mit Handwerkern, Gauklern, Bauern und Tanzmädchen, Händlern und Hexen. Die Festspielbühne war so geschickt in das Marktgeschehen integriert, daß sie nicht wie ein Fremdkörper wirkte. Das verdichtete das historische Kolorit noch mehr, als Kostüme und Kulissen allein es vermochten, zumal der Heider Marktplatz auch teilweise Ort des Geschehens war.
Hier trafen sich während der Blütezeit der Bauernrepublik, die von 1447 bis 1559 dauerte, an jedem Markttag die 48 Regenten des Landes als Richter und Ratgeber. Mit diesem Bild begann auch das Festspiel, daß der Dithmarscher Schriftsteller Heiner Egge schrieb und das von dem Regisseur Hans-Peter Kurr, einem bekannten Hamburger Theatermann, gekonnt inszeniert wurde. Das Stück thematisiert die Schlacht bei Hemmingstedt, die den Dithmarschern die Freiheit sicherte. Im Mittelpunkt des dramatischen Geschehens steht jene sagenhafte Telse von Hochwörder, die das Banner ergriff und die Bauern mit den berühmten Gestalten jener großen Schlacht, Wulf Isebrand und Reimer von Wiemerstedt, ihrem Geliebten, gegen den Dänenkönig und dessen Bruder zum Siege führte. Die Aufführung faszinierte in jeder Hinsicht. Vor allem, wie geschickt die rund 150 Akteure - darunter 50 Schauspieler - in Szene gesetzt wurden, wie reibungslos auch hinter den Kulissen im Häuserrund des Marktplatzes das Spectaculum ablief, so daß die Zuschauer sich ganz der Faszination dieser Zeitreise hingeben konnten. Glänzend auch die reiterlichen Darbietungen. "Klirrendes, berauschendes Mittelalter" verhieß das Programm. Man hatte nicht zuviel versprochen.
Weder Autor noch Regisseur hatten versucht, die historische Vorlage zu "aktualisieren" und diesem Stück deutscher Geschichte ihre eigene Deutung aufzuzwingen. Vielleicht mochte es zuvor für manchen Besucher eine gewisse Diskrepanz zwischen dem blutigen Geschehen und dem Begriff Frieden gegeben haben. Aber gerade dieses Spiel machte deutlich, daß dadurch der im Dithmarscher Landrecht von 1447 verankerte "Marktfrieden" gesichert wurde, ohne den dieses Bauernland an der Nordsee kaum zu einem reichen Gemeinwesen hätte erblühen können. Werner Müller
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