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Zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung zeigt das Kunstforum der Berliner Volksbank unter einem Dach eine Ausstellung von Berliner Stadtgemälden nach 1945. Zu sehen sind 90 Werke, unter anderem von Harald Metzkes, Rainer Fetting, Rita Preuss, Konrad Knebel und Carl Heinz Kliemann. Sie stammen aus der Sammlung des Stadtmuseums Berlin, hervorgegangen aus den Beständen des Märkischen Museums (Ost) und des Berlin Museums (West), 1995 zur Stiftung Stadtmuseum Berlin vereint. Beginnend mit Nachkriegs-Ruinenlandschaften über Bilder aus den Hälften der geteilten Stadt spannt sich der Bogen von Motiven und künstlerischen Handschriften hin zu Arbeiten, die sich den Veränderungen nach dem Fall der Mauer widmen.
Die Ausstellung ist unterteilt in fünf Zeitabschnitte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges überwiegen Bildthemen, welche die Zerstörungen noch ganz unmittelbar umsetzen. Bestimmend ist die Auseinandersetzung mit dem Erlebnis von Verfolgung, Not, Tod und Zerstörung. Mit Gründung der DDR wird Ost-Berlin Hauptstadt des neuen Teilstaates, West-Berlin wird "Schaufenster des Westens". In zwei unterschiedlichen Gesellschaftssystemen entwickeln sich nebeneinander zwei unterschiedliche Ausprägungen von Stadtbildmalerei. Im Osten symbolisieren Aufbauszenen den sozialistischen Neuanfang. Im Westen herrscht die "Weltsprache der Abstraktion" vor.
Der Mauerbau im August 1961 zementiert die unterschiedlichen Positionen in Ost und West. Die Entwicklung der 60er und 70er Jahre wird im Osten von Realisten geprägt, die in der Tradition des deutschen Impressionismus und Expressionismus stehen. In den 80er Jahren gelingt es dem System immer weniger, die Kunst inhaltlich und formal zu bestimmen. Die letzte Gemeinsamkeit besteht in einem Realismus, der sich mitunter nur noch im Titel und in vagen Anklängen an die Vorlage hält.
Die Tradition des Berliner Realismus riß auch im Westen nie völlig ab. Im speziellen Klima der Frontstadt des Kalten Krieges gedeiht die Politisierung der Kunst. In den späten 70er Jahren wird der Blick über die Mauer zum Thema. Von den Ereignissen des 9. November 1989 werden auch die Künstler überrascht. Die Prägung durch, bisweilen auch gegen das eigene politische System läßt sich nicht sogleich abschütteln. Dennoch, thematischer Fokus der Stadtbildmalerei wird das Zusammenwachsen Berlins.
Die Ausstellung präsentiert heute das Spiegelbild einer einzigen Sammlung. Diese ist nicht natürlich gewachsen, sondern Ergebnis der wechselvollen Berliner Nachkriegsgeschichte. Das scheinbare Manko der Vereinigung verschiedener Sammlungen bietet jedoch im Gegenzug Raum für Entdeckungen, für eine Erweiterung der Sicht auf eine höchst lebendige und differenzierte Kunstentwick-lung und auf eine Gattung, die an Aktualität nichts eingebüßt hat. pm
Die Ausstellung im Kunstforum, Budapester Straße 35, 10787 Berlin, ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Führungen sonntags 11 Uhr, bis 17. April. |
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