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Als in den ersten Apriltagen dieses Jahres der Bundespräsident Rau Griechenlan besuchte, bekannte er in dem Dorf Kalavrita im Nordpeloponnes "Trauer un Scham". Die Deutschen Zeitungen meldeten das nur am Rande; offenbar waren die Journalisten der Meinung, daß derartige Trauer-und-Scham-Rituale deutsche Spitzenpolitiker keinen Neuigkeitswert mehr haben.
Die Erläuterungen für Raus Zerknirschung waren fast überall recht knapp gehalten Man erfuhr nur, in jenem Dort hätten Deutsche Soldaten "über 1 200 Grieche ermordet". Immerhin lasen die heutigen Deutschen gelegentlich auch, daß dies Griechen als Vergeltung für die Ermordung von 81 Wehrmachtssoldaten erschossen worde seien.
Ein interessierter Bürger wandte sich an das Bundespräsidialamt und bat u Erläuterungen, welches der Grund für die erneuten Schuldbekenntnisse de Bundespräsidenten sei. Er mußte zweimal die Antwort anmahnen. Erst als er sich bei dritten Mal direkt an sein Staatsoberhaupt wandte und auch um den Nachweis seriöse historischer Literatur über die Vorgänge in Kalavrita bat, antwortete ein Ministerialra im Namen des Bundespräsidenten.
Die Darstellung des Ereignisses, das damals am 13. Dezember 1943 zur Erschießung de männlichen Bevölkerung des Dorfes führte, war enttäuschend knapp gehalten. Immerhi erfuhr der Fragesteller, daß griechische Partisanen 81 gefangengenommene deutsch Soldaten liquidiert und daß dann als Vergeltung Soldaten der 117. Deutsche Jägerdivision alle männlichen Einwohner Kalavritas erschossen hätten.
Die Bitte nach historischer Literatur über den Vorfall erfüllte da Bundespräsidialamt durch Beilage eines feuilletonistisch gehaltenen Artikels aus de Monatsheft der Städte und Landschaften "Merian" des Jahres 1983. Journaliste berichteten darin, die griechische "Volksbefreiungsarmee ELAS", ein kommunistische Partisanenorganisation, habe im Oktober 1943 bei Kalavrita 81 deutsch Soldaten gefangen genommen und erschossen, als sich deutsche Truppe näherten. Im Tagebuch der 117. Jägerdivision sei festgehalten worden, so de "Merian"-Journalist: "Beginn des Unternehmens Kalavrita Auftrag Vernichtung der gemeldeten Banden ... 10. 12. 43: Divisionskommandeur befiehl die Säuberung der erreichten Räume und Rückmarsch der Truppen unter Durchführun schärfster Sühnemaßnahmen ... 13. 12. 43: Kalavritas Bandenunterkunft un Sammelpunkt für deutsche Gefangene völlig zerstört. 511 männliche Einwohne erschossen."
Offensichtlich hält das Bundespräsidialamt vom Völkerrecht nichts, denn sonst wär man bei einer sachlichen Beurteilung des Vorfalls zu dem Schluß gekommen, daß es die griechische Seite war, die Kriegsverbrechen begangen hat. Wenn Freischärle Besatzungstruppen angreifen, ist das ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Wenn dann 8 gefangengenommene Soldaten ermordet werden, dann ist das eindeutig ein Kriegsverbrechen Auch alliierte Truppen kannten hier keine Gnade. Sühnemaßnahmen sind im Falle vo Partisanenüberfällen durch das Völkerrecht gedeckt. Nach diesem internationalen Rech werden in solchen Fällen die Partisanen dafür verantwortlich gemacht daß die strenge Trennung von Soldaten und Zivilisten zerstört wurde. Nach de Urteil des amerikanischen Militärgerichts V in Nürnberg (Prozeß gegen die Südostgenerale) war diese Situation in Kalavrita gegeben. Auch ein Bochumer Gericht, da wegen der Vorfälle in Kalavrita 1972 verhandelt hat, bekräftigte das amerikanisch Urteil. Dem "Merian"-Artikel zufolge hat das Gericht schließlich das Verfahre eingestellt u. a. mit der Begründung: "In dieser Situation waren Repressalie notwendig und zulässige völkerrechtliche Mittel ..." Daß die in concret ergriffenen Repressalien damals in einem unangemessenen Verhältnis zu de vorausgegangenen Völkerrechtsverletzungen (der Gefangennahme und Erschießung de Besatzungssoldaten durch die Partisanen) standen, haben die Ermittlungen nicht ergeben Soweit die historischen Tatsachen und die juristische Beurteilung.
Derartige juristische Urteile können natürlich die Grausamkeit eines Krieges nich beiseite wischen. Doch ist das Kriegsvölkerrecht keine wertlose Spielerei, sonder erfüllt die Aufgabe, im unsagbar Schrecklichen einen letzten Rest von Zivilisation zu sichern. Verstöße dagegen enden wie in Kalvrita meist in (rechtlic gedeckten) Vergeltungsmaßnahmen oder gar im furchtbaren Exzeß. Der Bruch de Kriegsvölkerrechts gilt nicht umsonst als ein schweres Verbrechen. Und: Da Kriegsvölkerrecht gilt für Besatzer und Besetzte, im konkreten Fall: für Deutsche un Griechen.
Der Bundespräsident hat es übrigens nicht für nötig erachtet, anläßlich seine Reise nach Griechenland auch die Gräber seiner 81 von griechischen Partisanen ermordete Landsleute zu besuchen. Auf die entsprechende Frage des erwähnten Briefeschreiber antwortete im Auftrage Raus sein Ministerialrat, schließlich bedenke der Bundespräsiden ja schon anläßlich des Volkstrauertages der Opfer von Krieg und Gewalt.
Übrigens forderte bald nach der Scham-Demonstration des Bundespräsidente Griechenland als bisher einziger Staat von Deutschland Reparationen für Repressalie gegen Partisanen.
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