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Der 1963 geborene Historiker Paul Nolte (nicht zu verwechslen mit seinem älteren Kollegen Ernst Nolte) erklärt in der „Welt“ vom 15. Juni den jugendlichen deutschen Patriotismus zur WM:
„Heute hat das auch eine andere Dimension als vor vier Jahren. Der Generationswechsel ist weiter vorangeschritten – und mit ihm auch die Unverkrampftheit im Umgang mit national en Symbolen … Die Achtundsechziger-Generation löst sich auf, bricht auseinander.“
Der Redakteur Ollo Kambire der Zeitung „24 Heures“ von der Elfenbeinküste wundert sich im „Spiegel“ vom 19. Juni nachträglich über die negative Deutschlandberichterstattung und „Reisewarnungen“ vor der WM:
„Als ich in München angekommen bin, hatte ich deshalb große Angst vor rassistischer Gewalt … Inzwischen weiß ich, daß meine Sorgen unberechtigt waren. Ich fühle mich sicher in Deutschland, fühle mich wohl.“
Die Mihigrus
Bekanntlich stellt ein Wort sich ein,
sobald Begriffe fehlen –
nur kann’s auch vice versa sein,
wenn andre Regeln zählen.
Denn wo man glaubt, es wäre schlecht,
Begriffe zu begreifen,
da kommt ein Euphemismus recht,
die Leute einzuseifen.
Wenn ergo heut’ sich wer benimmt,
als wär’ er hier zuhause,
wird flugs der Wortschatz frisch getrimmt,
und Nörgler haben Pause!
Gewiß, noch sperrig liegt im Mund
der Modespruch der Frommen
aus „Migration“ und „Hintergrund“ –
doch dem ist beizukommen.
Denn gut gekürzt statt aufgebläht
wird jedes Ding kompakter,
und was als Klartext zu konkret,
ist komprimiert abstrakter:
Grad wie man von „Azubis“ spricht
und nicht von Stellenlosen,
empfiehlt sich drum „Mihigrus“ schlicht
bei Multikulturosen.
Als „Pemihigrus“ kann man dann
umschreiben die Personen,
die irgendwie seit irgendwann
in unserm Lande wohnen.
Daß „Framihigrus“ Frauen sind,
wird jeder leicht erkennen
und folglich das Mihigru-Kind
ein „Kimihigru“ nennen.
Das Kürzel „Jumihigrus“ steht
für Jugendliche schließlich –
und wo dem Wort der Sinn vergeht,
da macht es nicht verdrießlich!
So ist im Grunde bloß, was schönt,
als Name akzeptabel,
und „Krimihigrus“ wär’ verpönt
bei uns im neuen Babel.
Gonzalo de Braganza |
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