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Der Milliardär und Chef des Schraubenkonzerns Würth, Reinhold Würth, offenbart im Spiegel vom 15. August einen eigenen Blick auf die Misere in Deutschland. Der 1935 geborene Würth übernahm den väterlichen Zwei-Mann-Betrieb 1954. Heute ist er ein Weltunternehmen mit 47.000 Beschäftigten:
"Die Stimmung ist viel schlechter als die Lage ... Ein Grundübel hierzulande ist doch, daß uns jegliches National gefühl fehlt und der Sinn für das Gemeinwohl. Jeder ist bestrebt, das maximal Mögliche für sich herauszuholen - oft auf Kosten des Staates."
Mit seiner Kritik an Washingtons Iran-Politik sei Kanzler Schröder sowohl Amerikanern als auch Europäern in den Rücken gefallen, meint die Financial Times Deutschland vom 15. August:
"Sachlich falsch ist Schröders schlecht geschauspielerte Beschwörung Bushs, die ,militärische Option vom Tisch zu nehmen, weil die Amerikaner keineswegs, wie seinerzeit beim Irak, kurz davorstehen, gegen Iran loszuschlagen. Aber kluge Sicherheitspolitik hält sich immer alle Optionen offen, allein schon, um eine Drohkulisse aufrechtzuerhalten. Dumm dagegen ist Schröders Gepolter, weil er damit ebenjene Drohkulisse einreißt, die Amerikaner und Europäer mühsam aufgebaut haben."
Der Wiener Standard vom 16. August beobachtet ungläubig, wie Schröder offenbar genau die gleiche Wahlkampftaktik verfolgt wie 2002:
"Vor genau drei Jahren ist Schröder auf demselben Platz (in Hannover) gestanden und hat fast das Gleiche gesagt: ,Wir sind zu Solidarität bereit. Aber dieses Land wird unter meiner Führung nicht für Abenteuer zur Verfügung stehen. Es ist nahezu grotesk, aber seine Tiraden unterscheiden sich nur in einem Buchstaben: 2002 warnte er vor einem Krieg gegen den Irak. Jetzt muß eben der Iran für Schröders Wahlkampfzwecke herhalten."
Mit Widerwillen verfolgt die Neue Zürcher Zeitung (16. August) den "Karneval um Kälber und andere Kalamitäten", die den inhaltsleeren deutschen Wahlkampf kennzeichneten:
"Zur Erinnerung: Deutschland steckt in der tiefsten ökonomischen und gesellschaftlichen Krise seit Jahrzehnten. Es ist, nicht zuletzt durch Zutun des gegenwärtigen Kanzlers, fast unregierbar geworden. Schnelle Lösungen wären dringend gefragt, Wege müßten endlich aufgezeigt werden, die aus dem Schlamassel führen könnten. Aber das scheint die Gaukler vor den politischen Schaubuden nicht zu kümmern. Selbstverliebt drehen sie sich im Kreise und drechseln ihre Sprüche. Statt Zuversicht erzeugen sie Abscheu und Widerwillen. "
Sommerhypothesen
Der Sommer fiel ins Sommerloch -
ist so das Tief zu deuten?
O nein, er kommt ganz sicher noch -
auch solches hör ich läuten.
Doch denkbar wär es allemal,
daß grade er vergangen,
wenn diese Zeilen trivial
per Post zu euch gelangen:
Gesetzt den Fall, daß dieses Jahr
er just am Mittwoch wäre,
erwiese das sich nämlich klar
als Gipfel der Misere.
Denn leider Dienstag abend schon,
von Nornen so gestaltet,
ist Torschluß in der Redaktion -
mein Beitrag wär veraltet!
Gonzalo de Braganza |
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